Was passiert, wenn‘s doch mal passiert.
19. November 2016, in einem Stahlwerk in Pomalaa schrillt der Alarm. Es ist Sonntagnachmittag auf der Insel Sulawesi in Indonesien. Eine Schutzeinrichtung des Laststufenschalters hat den Transformator aus Sicherheitsgründen abgeschaltet, die Produktion im Stahlwerk steht still. Ab jetzt tickt die Uhr. Es bleibt maximal eine Woche Zeit, um eine Lösung zu finden. Sonst erkaltet der geschmolzene Stahl, für das Werk ein großer Schaden.
Entdecken Sie hier, was in diesen 5 Tagen geschehen ist
Ein Mitarbeiter des Stahlwerks greift zum Telefon und wählt die Nummer von Hendra Kurniawan, seinem Ansprechpartner bei der indonesischen Tochtergesellschaft in Jakarta. Insgesamt gibt es vor Ort in Indonesien zwei Servicetechniker von MR.
Durch die Zeitverschiebung ist es in Deutschland gerade Sonntagmorgen, acht Uhr. Kurniawan aus Jakarta meldet den Kollegen in Regensburg das Problem. Christoph Zieglschmid, Leiter Störungsbearbeitung, berät sich daraufhin mit Andreas Birk, dem regionsverantwortlichen Auftragsbearbeiter. Die Störung hat ab sofort höchste Priorität.
Zunächst werden alle verfügbaren Informationen geprüft und bewertet. Eine Checkliste sowie Fotos, Audio- und Videodateien, die der Kunde geschickt hat, sollen dabei helfen. Schnell wird klar: Der Schaden ist zu groß, das muss vor Ort gelöst werden.
Die Stufenschalter-Spezialisten in Regensburg und Jakarta beraten sich und stimmen das weitere Vorgehen ab: Ein erfahrener Ingenieur aus Regensburg soll die Störung vor Ort beheben und die Produktion zum Laufen bringen.
Kurze Zeit später: Der Ingenieur Andreas Hartmann, Technical Specialist bei MR, bereitet sich auf den Einsatz vor. Er arbeitet sich durch das vom Kunden übermittelte Material, studiert die relevanten technischen Daten und plant seine Anreise. Sein Koffer mit der Sicherheitsausrüstung steht immer gepackt bereit. Die passenden Werkzeuge für den Auftrag stellt er jetzt zusammen. Ersatzteile wird er bei Bedarf anfordern, wenn er vor Ort die Diagnose erstellt hat.
Montag, 10:10 Uhr — Abflug von München. Über Doha und Jakarta geht es nach Makassar, wo ihn sein indonesischer Kollege Hendra Kurniawan empfängt, der ihm fortan mit seinen Landes- und Sprachkenntnissen zur Seite steht. Zusammen machen sie sich auf den Weg nach Pomalaa am anderen Ende der Insel Sulawesi.
Mittwochmorgen. Um keine Zeit zu verlieren, holt der Kunde die Spezialisten direkt vom Flughafen Pomalaa ab und bringt sie schnellstmöglich zum Stahlwerk. Den Sicherheitscheck für das staatliche Werk hat Andreas Birk schon von Regensburg aus vorbereitet. Die benötigten Pass- und Visakopien liegen bereits vor. So wird der Einlass beschleunigt.
Bei tropischer Hitze startet Hartmann mit der Befundaufnahme. Dazu begeht er das Stahlwerk, führt Gespräche mit dem Anlagenverantwortlichen des Werks und dem ebenfalls angereisten Servicetechniker des Trafoherstellers. In so einem Fall arbeiten Trafohersteller und MR partnerschaftlich Hand in Hand. Nun werden der Transformator und der Laststufenschalter VACUTAP® VM® gesichtet. Idealerweise ist die Anlage immer noch in dem Zustand, in dem sie beim Ausfall war. Ähnlich wie bei der Spurensicherung an einem Tatort kann Hartmann durch Sammeln von Fakten eine Diagnose ableiten. Jede Störung hat ihre eigene Ursache und Charakteristik. Erst wenn er die Fehlersystematik verstanden hat, kann er die richtigen Schritte zur Abhilfe einleiten.
Die Rekonstruktion zeigt: Zwar liegt keine Fehlfunktion des Laststufenschalters vor, doch als neuralgischer Punkt im Transformator hat er erhebliche Folgeschäden erlitten. Schnell wird die Dimension des Schadens klar: Der Laststufenschalter ist irreparabel beschädigt. Eigentlich müsste ein neuer Stufenschalter in den Trafo. Doch bis der vor Ort ist, wäre die Schmelze im Ofen erstarrt. Hartmann muss also eine kreative Lösung finden, um den Kunden vor den immensen Ausfallkosten zu bewahren.
In einem Lager des Stahlwerks treibt Hartmann gemeinsam mit dem Kunden einen ausgedienten Stufenschalter mit den gleichen Abmessungen wie der VACUTAP® auf sowie verschiedene alte Teile eines anderen Schalters. Damit kann Hartmann improvisieren. Sein Plan: Er will den Laststufenschalter so präparieren, dass dieser den Strom leiten kann und somit den Betrieb des Trafos ermöglicht. Er ist dann zwar in einer festen Betriebsposition und Stufenschaltungen sind unter Last nicht möglich, dafür kann das Stahlwerk in eingeschränktem Betrieb laufen.
Nach zehn Stunden ist der provisorische Laststufenschalter betriebsbereit. Hartmann dokumentiert präzise, welche Teile er eingesetzt hat. Zudem gibt er dem Kunden eine genaue Anleitung, wie er die Anlage in diesem Zustand sicher betreiben kann.
Der Spezialist des Trafoherstellers bereitet nun die Inbetriebnahme des Trafos vor. Hartmann kann seine Rückreise antreten.
Bei der Inbetriebnahme des Trafos ist der Servicetechniker Hendra Kuriawan von Reinhausen Indonesien vor Ort, um den Kunden bei den letzten Schritten zu begleiten. Der Techniker des Trafoherstellers gibt den Trafo nach seinen Messungen betriebsmäßig frei. Rechtzeitig bevor die Stahlschmelze erstarrt ist.
24. November 2016, die Mission ist erfüllt. Durch den Einsatz des MR-Serviceteams kann der Trafo wieder in Betrieb genommen werden. Der Stahl ist noch nicht erkaltet, der Ofen brummt und bebt! Alles läuft nach Plan. Andreas Hartmann ist da schon auf dem Weg zu seinem nächsten wichtigen Einsatz.
Etwa sechs Wochen später, nachdem das Stahlwerk den Umbau intern eingeplant hat, kann der neue Schalter aus Regensburg eingebaut werden. Das Stahlwerk nutzt den Trafo und Laststufenschalter nun wieder regulär und kann mit 107 Stufen die Spannung sehr fein regulieren.