„Unsere Isola­toren stützen 100 Tonnen“

In Padua testen Forscher eine wich­tige Kompo­nente für das Fusi­ons­en­ergie-Projekt ITER in Südfrank­reich. Siemens lieferte dafür ein High-Voltage-Deck und Rein­hausen Power Compo­sites (RPC) die Isola­toren. Area Sales Manager Mathias Reichen­bach über die Heraus­for­de­rung, eine Million Volt gegen Erde abzu­schirmen.

Was machte die Anfrage von Siemens so beson­ders?

Da ist zunächst das ITER-Projekt selbst. Immerhin geht es um nicht weniger als die Ener­gie­quelle der Zukunft. 35 Nationen arbeiten im südfran­zö­si­schen Cadarache daran, die tech­ni­sche Mach­bar­keit der Kern­fu­sion zu demons­trieren. Einen wich­tigen Beitrag dazu leistet das High-Voltage-Deck von Siemens, das jetzt in Padua getestet wird und im Rahmen eines Vertrags mit der für den euro­päi­schen Beitrag zum ITER-Projekt zustän­digen Agentur „Fusion for Energy“ ausge­führt wurde. In ihm steckt die Technik, welche die Versor­gungs­span­nung zur Verfü­gung stellt, die für die Neutral­teil­chen­in­jek­tion benö­tigt wird, um das Plasma auf bis zu 150 Millionen Grad zu erhitzen. Diese Tempe­ratur macht die Kern­fu­sion über­haupt erst möglich. Eine Million Volt sind dafür notwendig. Das Deck muss daher gegen das Erdpo­ten­zial isoliert werden. Keine leichte Aufgabe. Und da kommen wir ins Spiel.

Was benö­tigte Siemens von Ihnen?

Insge­samt acht Hohl­stüt­z­iso­la­toren, die das hundert Tonnen schwere Deck tragen und isolieren. In diesem sind unter anderem Trans­for­ma­toren, Schalt- und Umrich­ter­schränke unter­ge­bracht.

Was waren die Heraus­for­de­rungen?

Zum einen ist die stati­sche Belas­tung sehr hoch. Die Hohl­iso­la­toren müssen ein Gewicht von 100 Tonnen tragen. Zum anderen liegt Cadarache in einem Gebiet mit seis­mi­schen Akti­vi­täten. Die Rohre müssen deshalb auch dyna­mi­schen Kräften stand­halten. Dabei haben sie nur eine Wand­stärke von zwölf Milli­me­tern. Und dann durften sie nur sechs Meter hoch sein, da das Deck in einer Halle steht. Das ist verdammt kurz, bei solchen Span­nungen sind eigent­lich elf Meter üblich.

Wie sieht die Lösung von RPC aus?

Ganz entschei­dend ist die Stabi­lität des glas­fa­ser­ver­stärkten Kunst­stoffs (GFK) bei den Hohl­iso­la­toren. Unsere Spezia­listen haben mittels Finite-Elemente-Berech­nungen den opti­malen Winkel und Lagen­aufbau ermit­telt, der notwendig ist, damit das GFK-Rohr den mecha­ni­schen Belas­tungen stand­hält. Und die Art, wie die Glas­fa­sern um das Rohr gewi­ckelt werden, bestimmt auch die Isolier­fä­hig­keit. Dadurch konnten wir die geringe Höhe reali­sieren. Damit ins Innere der GFK-Rohre keine Feuch­tig­keit gelangt, sind sie mit Stick­stoff gefüllt. Der Innen­druck wird perma­nent über­wacht. Dafür setzen wir Druck­sen­soren von MESSKO ein und für das Moni­to­ring die ISM-Tech­no­logie von MR (siehe auch Seite 18). Somit steckt Know-how der ganzen Rein­hausen Gruppe in den Hohl­iso­la­toren.

Im Innern steckt die Technik, die eine Versor­gungs­span­nung von einer Million Volt liefert.

Insge­samt 16 Meter hoch ist das 100 Tonnen schwere High-Voltage-Deck, das in Padua steht.

Die Sicher­heits­an­for­de­rungen beim ITER-Projekt sind sehr streng. Wie konnten Sie die hohen Quali­täts­stan­dards erfüllen?

Das war zuge­ge­be­ner­maßen sehr aufwendig. Die Hohl­stüt­z­iso­la­toren haben in unzäh­ligen Tests sowohl ein unab­hän­giges Labor als auch die Labore von MR und RPC geprüft. Dabei wurden zahl­reiche Mate­ri­al­proben unter­sucht und auf die Taug­lich­keit getestet. Das Ergebnis: Das Stan­dard­ma­te­rial, das wir auch für die Last­stu­fen­schal­ter­rohre verwenden, erfüllt bereits die hohen Anfor­de­rungen.

Sind die Hohl­stüt­z­iso­la­toren auch für andere Anwen­dungen geeignet?

Ja. Zum Beispiel für die Thyris­toren- und Gleich­rich­ter­türme bei HGÜ-Anwen­dungen, die zum Teil auf 16 Isola­toren stehen. Mit unseren GFK-Rohren reichen nur vier. Auch werden vermehrt HGÜ-Anlagen mit Verbund­iso­la­toren nach­ge­fragt. Aus diesem Grund erwei­tern wir ständig unser Port­folio in diese Rich­tung.

REINHAUSEN INSIDE

Mehr Infor­ma­tionen zum ITER-Projekt finden Sie unter: www.iter.org


IHR ANSPRECHPARTNER

Haben Sie Fragen zu den Hohl­stüt­z­iso­la­toren? Mathias Reichen­bach ist für Sie da:
m.reichenbach@reinhausen.com


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