Heiße Wochen mit Ester

Hoch­tem­pe­ratur-Last­stu­fen­schalter holen deut­lich mehr Leis­tung aus Ester-gefüllten Trans­for­ma­toren heraus.


Die Idee, Ester statt Mine­ralöl in Trans­for­ma­toren einzu­setzen, ist nicht neu. Sowohl synthe­ti­sche Ester (Pentaery­thriol­te­tra­fett­säu­re­ester) als auch natür­liche Ester (Trigly­ce­ride) sind biolo­gisch abbaubar und damit bestens geeignet – wenn nicht sogar vorge­schrieben – für Trans­for­ma­toren in Über­schwem­mungs­zonen, Natur­schutz­ge­bieten, nah am Meer oder bei Offshore-Wind­an­lagen. Immer mehr Betreiber stellen auf Ester-Trafos um, weil sie sich vor den unkal­ku­lier­baren Kosten in einem Scha­dens­fall schützen wollen, wie er zum Beispiel 2015 in New York passierte: Nach einem Trans­for­ma­to­ren­un­fall gelangte Mine­ralöl in den Hudson River, welches aufwendig entsorgt werden musste.

Zudem sind Trans­for­ma­toren mit Ester sicherer: Ester werden mit einem Brenn­punkt von über 300 Grad Celsius als schwer entflamm­bare Flüs­sig­keiten (soge­nannte K‑Klasse) einge­stuft. Das alter­na­tive Isolier­mittel hat also eine erheb­lich gerin­gere Brand­last und lässt sich im Notfall gut löschen – im Gegen­satz zu Mine­ralöl, das bei einem Trafo-Brand prak­tisch unlöschbar ist. Damit erfüllen Ester mühelos auch beson­ders strenge Sicher­heits­vor­schriften für Hoch­span­nungs­in­stal­la­tionen im dicht besie­delten urbanen Raum hinsicht­lich des Brand­schutzes, toxi­scher Rauch­ent­wick­lung und Explo­si­ons­schäden im Falle einer Fehl­funk­tion.

Wenn es also ohnehin einen erkenn­baren Trend hin zu Ester-Trans­for­ma­toren gibt, warum nicht auch weitere Eigen­schaften der Isolier­flüs­sig­keit nutzen? Ester haben einen höheren Flamm­punkt als Mine­ralöl und erlauben daher Betriebs­tem­pe­ra­turen bis zu 150 Grad Celsius (gegen­über 115 Grad Celsius bei Trans­for­ma­toren mit Mine­ralöl). Wenn nun auch Last­stu­fen­schalter und Motor­an­trieb­ent­spre­chende Betriebs­tem­pe­ra­turen aushalten, kann ein Trans­for­mator bei glei­cher Baugröße mehr Leis­tung über­tragen.

Wenn schon, denn schon

Darum hat MR Hoch­tem­pe­ratur-Last­stu­fen­schalter (VACUTAP® VR®), Hoch­­­tem­pe­ratur-Umsteller (DEETAP® DU) und Motor­an­triebe (TAPMOTION® ED) entwi­ckelt, die es Ester-Trans­for­ma­­toren erlauben, über mehrere Wochen oder Monate hinweg kontrol­liert in Über­last zu fahren. Beson­ders die Betreiber von Trans­for­ma­toren in Mega­citys und von mobilen Trans­formatoren profi­tieren von dieser neuen Möglich­keit.

Lösung für Mega­citys

In großen Städten sind Betreiber immer wieder mit dem Anspruch konfron­tiert, wegen des stei­genden Ener­gie­be­darfs mehr Infra­struktur auf gleich­blei­bend kleinem Raum bereit­zu­stellen. Hier bieten sich die hoch­tem­pe­ra­tur­fä­higen Trans­for­ma­toren als Lösung an. Sie können dieselbe Leis­tung in redu­zierter Baugröße, bezie­hungs­weise eine höhere Leis­tung bei gleich­blei­bender Baugröße errei­chen. Beim Austausch gegen andere Trans­for­ma­toren kann in der Regel das vorhan­dene Funda­ment ohne Erwei­te­rung benutzt werden. Allein die dadurch gesparten Baukosten amor­ti­sieren in vielen Fällen schon die im Vergleich zu Mine­ralöl etwa doppelt so hohen Anschaf­fungs­kosten für die Ester-Isolier­flüs­sig­keit.

„Trans­for­ma­toren mit Ester können nicht nur mehr Leis­tung bringen, sondern sind auch sicherer.“

Den Betrei­bern mobiler Trans­for­ma­toren kommt die kompakte Bauweise bei höherer Leis­tungs­fä­hig­keit eben­falls zugute: Der Trafo ist im Notfall schneller am Einsatzort, weil zum Beispiel geringe Brücken­höhen bei der Fahrt kein Hindernis darstellen. Auch das nied­ri­gere Gewicht erleich­tert den Trans­port.

Die höchst­mög­liche Über­last­bar­keit von bis zu 150 Grad Celsius über eine lange Zeit hinweg ist ein weiterer Beitrag zur Resi­lienz bei Notfall­ein­sätzen mobiler Trans­for­ma­toren. Außerdem ist es aus Sicher­heits­gründen in vielen Ländern – zum Beispiel den USA – verboten, mit Mine­ralöl gefüllte Trans­for­ma­toren zu trans­por­tieren. Hier ist ohnehin ein Ester-Trafo die erste Wahl, der dann mit MR-Ausrüs­tung zum Hoch­tem­pe­ra­tur­trans­for­mator wird.

Erprobte Lebens­dauer

Um die Last­stu­fen­schalter hoch­tem­pe­ra­tur­fähig zu machen, werden auch diese mit Ester als Isolier­flüs­sig­keit gefüllt. Hier kommen sowohl synthe­ti­sche als auch natür­liche Ester infrage. In der Regel werden natür­liche Ester bevor­zugt, weil sie in der Bilanz CO2-neutral und daher beson­ders klima­freund­lich sind.

Während Ester in Transforma­toren ledig­lich die Aufgabe haben, Aktiv­teile und Durch­füh­rungen zu kühlen und elek­trisch zu isolieren, muss die Isolier­flüs­sig­keit in Last­stu­fen­schal­tern noch vier weitere Anfor­de­rungen erfüllen, um einen Lang­zeit­be­trieb zu gewähr­leisten: Schmier­fä­hig­keit, gutes Licht­bo­gen­lösch­ver­halten, Visko­sität und Verträg­lich­keit mit den Werk­stoffen. In aufwen­digen, mehr als zehn Jahre dauernden Versuchs­reihen hat MR Ester für Last­stu­fen­schalter und Umsteller unter­sucht.

  • Für die Schmier­fä­hig­keit konnte kein rele­vanter Unter­schied zum bewährten Mine­ralöl fest­ge­stellt werden.
  • Ester haben gegen­über Mine­ralöl ein ungüns­ti­geres Licht­bo­gen­lösch­ver­halten. Dies spielt jedoch bei Last­stu­fen­schal­tern mit Vaku­um­schalt­technik keine Rolle, da hier die Schalt­licht­bögen voll­ständig im Inneren der herme­tisch gekap­selten Vaku­um­schalt­röhre einge­schlossen sind. Zudem begrenzt sich die Abnut­zung der Ester bei Vaku­um­schal­tern nur auf eine ther­mi­sche Alte­rung, sodass in den meisten Fällen über die gesamte Lebens­dauer des Schal­ters kein Wechsel der Isolier­flüs­sig­keit erfor­der­lich ist. Will man Ester auch in Umstel­lern verwenden, ist in manchen Fällen eine höhere Span­nungs­fes­tig­keit erfor­der­lich, was zum Beispiel durch die Wahl einer höheren Span­nungs­reihe Um gelöst werden kann.
  • Die Visko­sität von Ester ist deut­lich höher als von Mine­ralöl. Das wirkte sich in den Versu­chen aber nur moderat auf das Umschalt­ver­halten bei Kälte aus: Der untere Tempe­ra­tur­grenz­wert von Ester liegt gering­fügig höher als bei Mine­ralöl.
  • Bei Tests zur Mate­ri­al­ver­träg­lich­keit stellten wir fest: Dich­tungen aus bestimmten Kautschu­kre­zep­turen werden in synthe­ti­schen Estern hart und brüchig, in natür­li­chen Estern quellen sie auf und werden weich. Daher verwendet MR bei Ester nur Dich­tungen aus VITON, die sich als völlig kompa­tibel erwiesen haben. Die Kunst­stoffe im Last­stu­fen­schalter reagieren zwar nicht mit Ester, müssen aber der gewünschten höheren Betriebs­tem­pe­ratur stand­halten. MR verwendet hierfür spezi­elle High­tech-Kunst­stoffe, die sich auch bei höchsten Betriebs­tem­pe­ra­turen weder elas­tisch noch plas­tisch verformen.

Nach umfang­rei­chen Test­reihen und inzwi­schen mehreren Hundert Instal­la­tionen von Ester-Last­stu­fen­schal­tern im Feld – darunter auch Spezi­al­an­wen­dungen wie Trak­ti­ons­trans­for­ma­toren oder Prüf­feld­trans­for­ma­toren – kann MR mit Gewiss­heit sagen: Mit Hoch­tem­pe­ratur-Last­stu­fen­schal­tern holen Betreiber mehr Leis­tung aus Ester-Trans­for­ma­toren heraus – bei sicherem Betrieb über die gesamte Lebens­dauer.


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Sebas­tian Rehkopf, Leiter Tech­ni­sches Produkt­ma­nage­ment, ist für Sie da:
S.Rehkopf@reinhausen.com

 


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