Wandel im Strom­netz

Um den Klima­wandel zu bremsen, wollen sich die meisten Länder von fossilen Ener­gie­trä­gern verab­schieden. Zugleich steigt der Bedarf an elek­tri­scher Energie. Was bedeutet das für die Netze?


Seit Beginn der Indus­tria­li­sie­rung steigt der CO2-Ausstoß aus der Verbren­nung fossiler Brenn­stoffe. Die wach­sende Kohlen­stoff­dioxid­konzen­tration in der Erdat­mo­sphäre gilt als Haupt­ver­ur­sa­cher des Klima­wan­dels und Fach­leute sind sich einig: Um diesen Trend zu verlang­samen, müssen fossile Brenn­stoffe durch CO2-emis­si­ons­freie Ener­gie­quellen ersetzt werden.

Heute beziehen wir welt­weit noch rund 80 Prozent des Ener­gie­be­darfs aus fossilen Ener­gie­trä­gern. Nur etwa 20 Prozent kommen aus CO2-neutralen Ener­gie­trä­gern wie Wasser­kraft, Kern­kraft, natür­liche Brenn­stoffe (Biomasse, Holz, Abfälle) und andere Erneu­er­bare wie Wind- und Solar­kraft. Um den Klima­wandel zu bremsen, haben viele Staaten beschlossen, fossile durch erneu­er­bare Ener­gie­träger zu ersetzen.

Unser Ener­gie­be­darf

Heute beziehen wir welt­weit noch rund 80 Prozent des Gesamt­energie­bedarfs aus fossilen Ener­gie­trä­gern. Nur etwa 20 Prozent kommen aus CO2-neutralen Ener­gie­trä­gern. Das soll sich künftig ändern.

2% Weitere erneu­er­bare Ener­gien
2% Hydro­en­ergie
5% Kern­energie
10% Biotreib­stoff
22% Erdgas
27% Kohle
32% Erdöl

Emis­sionen runter

Am einfachsten gelingt die Ener­gie­wende durch den Umstieg auf Solar- und Wind­energie. Das Angebot an Sonnen­strahlung und Wind ist schließ­lich immens und über­steigt den welt­weiten Bedarf an Primär­energie von derzeit rund 170.000 Tera­watt­stunden jähr­lich um ein Viel­fa­ches. Rein theo­re­tisch ist die emis­si­ons­freie Energie­erzeugung also keine Utopie.

Doch bedeutet das im Umkehr­schluss, dass künftig große Teile des Primär­energiebedarfs als elek­tri­sche Energie durch die Netze trans­por­tiert werden müssten. Das wäre ein gewal­tiger Sprung im Vergleich zu den 27.000 Tera­watt­stunden, die heute durch die Netze fließen. Die großen Fragen sind also: Wie viel Energie muss tatsäch­lich substi­tu­iert werden? Wie wird sich der Strom­be­darf in Zukunft entwi­ckeln? Und was bedeutet es für die Netze, wenn deut­lich mehr Strom durch sie fließt?

Die Nutz­energie zählt

Die gute Nach­richt: Ein Groß­teil der Primär­energie geht ohnehin bei der Strom­erzeugung verloren und gelangt nicht in die Netze. Die Erklä­rung: Grund­sätz­lich sind konven­tio­nelle und atomar betrie­bene Kraft­werke nichts anderes als ther­mi­sche Maschinen, die Wärme in mecha­ni­sche Energie umwan­deln und diese wiederum in elek­tri­schen Strom. Das gelingt jedoch nur mit recht hohen Verlusten.

Die Wirkung­sgrade liegen in der Regel bei um die 40 Prozent, nur Gaskraft­werke schneiden hier deut­lich besser ab. Die Netze trans­por­tieren also nur einen vergleichs­weise geringen Anteil der einge­setzten Primär­energie: die soge­nannte Nutz­energie. Da die Erzeu­gung von Strom aus Sonne und Wind nicht mit Primär­energiekosten verbunden ist, spielt der Wirkungs­grad solcher Anlagen eine unter­ge­ord­nete Rolle. Entschei­dend für einen wirt­schaft­li­chen und ökolo­gisch sinn­vollen Betrieb sind ledig­lich die Inves­ti­tionen und die laufenden Kosten über die Betriebs­dauer.

Weg von Kohle und Öl

Rund drei Viertel des Primär­energieträgers Kohle dienen der Strom­erzeu­gung. Soll dieser nun durch Solar- und Wind­an­lagen substi­tu­iert werden, ist nur der Anteil an Nutz­energie, also der aus Wärme erzeugte elek­tri­sche Strom, zu ersetzen.

Der gleiche Effekt ergibt sich bei der Nutzung von Mine­ralöl in Verbrennungs­motoren. Diese gegen­über Kraft­werken kleinen Verbrennungs­motoren haben Wirkungs­grade von weniger als 30 Prozent. Gelingt im Stra­ßen­ver­kehr ein Ersatz durch elek­trisch betrie­bene Fahr­zeuge, so ist auch hier nur der Anteil an Nutz­energie (30 Prozent) durch erneu­er­bare Ener­gie­träger zu ersetzen. Bei einem Anteil von 40 Prozent am Primär­ener­gie­ver­brauch von Mine­ralöl für den Trans­port wären somit über­schlägig nur insge­samt etwa neun Prozent an elek­tri­scher Energie für elek­trisch betrie­bene Fahr­zeuge aufzu­bringen. Diese Ener­gie­menge muss bei einer kompletten Umstel­lung auf elek­tri­sche Antriebe zusätz­lich durch die Strom­netze trans­por­tiert werden.

Bis zum Jahr 2040 steigt die Energie­nachfrage welt­weit um den Faktor 1,5.

Ther­mi­sche Kraft­werke und Verbrennungs­motoren sind die größten Abnehmer von Kohle und Mine­ralöl. Weitere Verbrau­cher sind Heizungen (Mine­ralöl und Kohle) sowie indus­trieller Bedarf etwa bei der Erzeu­gung von Stahl und Zement (Kohle). Auch in diesem Segment stehen Tech­no­lo­gien zur Substi­tu­tion zur Verfü­gung: Bei Heizungen lässt sich der Bedarf an fossiler Primär­energie durch beispiels­weise Wärme­pumpen oder solar­ther­mi­sche Anlagen redu­zieren. Insge­samt verfügen wir heute über Tech­no­lo­gien, mit denen der Primär­­energiebedarf und somit die Verbren­nung fossiler Brenn­stoffe deut­lich redu­ziert werden kann.

Und wie steht es um die Zukunft des Ener­gie­trä­gers Gas? Gaskraft­werke bezie­hungs­weise Gas- und Dampf­kraft­werke haben im Ener­giemix der Zukunft deut­lich bessere Aussichten: Sie erzielen wesent­lich höhere Wirkungs­grade (über 60 Prozent) als konven­tio­nelle ther­mi­sche Kraft­werke, da sich Gastur­binen bei erheb­lich höheren Tempe­ra­turen betreiben und Dampf­tur­binen nach­la­gern lassen. Ein weiterer Vorteil dieser Tech­no­logie: Auch in Sachen Betriebs­führung gelten Gaskraft­werke als die flexi­belsten.

Strom­nach­frage steigt

Rund 17 Prozent des welt­weiten Ener­gie­be­darfs fließen heute als elek­tri­sche Energie durch die Netze. Etwa 37 Prozent davon sind bereits emis­si­ons­frei. Für die Zukunft müssen Netz­planer neben unter­schied­li­chen Substitutions­szenarien für die konven­tio­nellen Ener­gie­träger auch noch Wachstums­szenarien berück­sich­tigen.

Denn der Ener­gie­hunger ist groß und viele Schwellen- und Entwick­lungs­länder haben hohen Nach­hol­be­darf. Immer noch haben rund 650 Millionen Menschen welt­weit keinen Zugang zur Elek­tri­zität. So rechnen Fach­leute mit einem Faktor 1,5 der heutigen Energie­nachfrage bis zum Jahr 2040. Daraus leitet die inter­na­tio­nale Ener­gie­agentur (IEA) zwei Zukunfts­szenarien ab.

Die Strom­erzeugung aus Öl wird nahezu voll­ständig verschwinden, die aus Kohle um bis zu 80 Prozent redu­ziert.

In Summe wächst nach heutiger Planung der emis­si­ons­freie Anteil an der elek­tri­schen Energie­erzeugung bis 2040 auf 52 bis 79 Prozent, wobei die Strom­erzeugung insge­samt um einen Faktor 1,5 wächst. Gemessen an der heute instal­lierten Basis ergibt sich welt­weit folgende Entwick­lung: Die Energie aus Kern­kraft wächst um 0 bis 33 Prozent, die aus Wasser­kraft um 50 bis 75 Prozent, die aus Wind um 400 bis 700 Prozent, die aus Solar­anlagen um 400 bis 700 Prozent und die aus sons­tigen erneu­er­baren Quellen um 100 bis 200 Prozent.

Die Strom­erzeugung aus Öl wird nahezu voll­ständig verschwinden, die aus Kohle um bis zu 80 Prozent redu­ziert. Und die aus Gas wird gemessen am heutigen Stand stabil bleiben oder je nach Szenario um bis zu 50 Prozent wachsen. Gas ist die vergleichs­weise klima­­freundlichste fossile Ener­gie­quelle. Die Anlagen haben zudem das Poten­zial zur Nutzung rege­ne­rativ erzeugten Gases und erfüllen damit eine Spei­cher- beziehungs­weise Puffer­funk­tion.


Zwei Szena­rien für die elek­tri­sche Energie

Rund 17 Prozent des welt­weiten Ener­gie­be­darfs fließen heute als elek­tri­sche Energie durch die Netze. Etwa 37 Prozent davon sind bereits emis­si­ons­frei. Für die Zukunft müssen Netz­planer Substitutions­szenarien für die konven­tio­nellen Ener­gie­träger und Wachstums­szenarien berück­sich­tigen. Fach­leute rechnen mit einer Stei­ge­rung der Ener­gie­nach­frage bis zum Jahr 2040 um bis zu 50 Prozent. Daraus leitet die Inter­na­tio­nale Ener­gie­agentur (IEA) zwei Zukunfts­szenarien ab.


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