Die Netze der Zukunft

Der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Ener­gie­träger scheint ausge­macht. Doch was bedeutet das für die Netze von morgen?


Will man den Klima­wandel bremsen, ist die Abkehr von konven­tio­nellen Ener­gie­trä­gern ohne Alter­na­tive. Doch auch ohne die Substi­tu­tion von Kohle und Öl müssten die Netze mehr elek­tri­sche Energie trans­por­tieren, denn der Bedarf wächst konti­nu­ier­lich.

Der Anteil der Groß­kraft­werke in den Strom­netzen (Kern­kraft, Kohle und Gas) wird sich im Zuge der Ener­gie­wende von derzeit 70 Prozent auf 56 bis 32 Prozent verrin­gern. Das heißt, je nach Szenario werden 2040 zwischen 52 und 79 Prozent der elek­tri­schen Energie emis­si­ons­frei produ­ziert. Solar- und Wind­strom haben daran den größten Anteil.

Doch über das Jahr und im Tages­ver­lauf schwankt die Produk­tion erneu­er­barer Energie je nach dem lokalen Angebot an Wind, Sonne und Wasser. Außerdem sind viele der Anlagen deut­lich kleiner als konven­tio­nelle Kraft­werke. Daher wird der Umstieg auf erneu­er­bare Energie spür­bare Auswir­kungen auf die Strom­netze haben.

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Neue Methoden zur Leis­tungs­re­ge­lung:

Die Betriebs­füh­rung der Netze muss sich einem schwan­kenden Angebot an elek­tri­scher Energie zur Deckung der Nach­frage anpassen. Wo früher der Kohle­bunker als Spei­cher diente, sind nun Methoden zur kurz­fristigen und lang­fris­tigen Spei­che­rung von Energie für die Rege­lung der Leis­tungs­bi­lanz gefragt. Zu den wich­tigsten Spei­cher­tech­no­lo­gien zählen Power-to-Gas-Anlagen, Pump­spei­cher­kraft­werke oder Batte­rien.

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Struk­tur­wandel im Netz:

Anlagen zur Erzeu­gung erneu­er­barer Energie werden über­wie­gend dort errichtet, wo das Angebot an Primär­energie (Wind, Sonne, Biogas, Biomasse) am größten ist, nicht zwangs­läufig am Ort der größten Nach­frage. Die Versor­gung wird zudem immer dezen­traler und die Anlagen werden tenden­ziell kleiner als konven­tio­nelle Kraft­werke. Viele Erzeuger ver­lagern sich von den Über­tra­gungs­netzen in die Verteil­netze.

Die instal­lierte Leis­tung (und somit die benö­tigte Anschluss­leistung) fällt im Verhältnis zur jähr­li­chen Energie­ausbeute wegen des schwan­kenden Ange­bots wesent­lich größer aus als bei konven­tio­nellen Kraft­werken. Ein Ausbau der Verteil­netze und Über­tragungs­netze wird damit in vielen Fällen erfor­der­lich.

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Wachstum der Strom­netze:

Im Zuge der Ener­gie­wende wird welt­weit ein Anstieg des Bedarfs an elek­tri­scher Energie um 50 Prozent erwartet. Die Strom­netze müssen diese Menge an zusätz­li­cher Energie trans­por­tieren. Hierbei hängt die benö­tigte Trans­port­leis­tung vom Bedarf und vom Angebot im Tages­ver­lauf ab. Erzeuger erneu­er­barer Energie bringen größere Schwan­kungen auf der Angebots­seite.

Denn aufgrund der natür­li­chen Gege­ben­heiten liegen die Betriebs­zeiten von Wind­an­lagen bei rund 40 Prozent gegen­über konven­tio­nellen Anlagen — bei Solar­an­lagen sind es ledig­lich knapp 15 Prozent. Das bedeutet, dass wesent­liche höhere Kapa­zi­täten aufge­baut werden müssen, um die gleiche Ener­gie­menge zu erbringen. Die Inte­gra­tion des Stra­ßen­ver­kehrs ins Strom­netz führt zudem auf Nach­fra­ger­seite zu neuen Schwan­kungen im Netz. Je nach Reser­ve­ka­pa­zität der Netze ist hierfür ein Ausbau erfor­der­lich.

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Flexi­bi­li­sie­rung der Strom­netz:

Strom­netze verfügen über eine Reserve für Ausnah­me­si­tua­tionen sowie für den sicheren Betrieb im Fehler­fall. Der Struk­tur­wandel und mehr Strom im Netz führen zu einer stär­keren Auslas­tung der Netze insge­samt auf allen Span­nungs­ebenen. Die Netze sind hierfür zu verstärken bezie­hungs­weise durch Maßnahmen zur Flexi­bi­li­sie­rung von Angebot und Nach­frage zu entlasten. Smart Grids, Smart Meter, neue Konzepte an den Regel­börsen und flexi­blere Preis­mo­delle sind hierzu erfor­der­lich.

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Tech­no­lo­gi­scher Ausbau der Netze:

Abge­sehen von der Produk­tion und vom Verbrauch an Energie findet in den Strom­netzen eine weitere tech­no­lo­gi­sche Entwick­lung statt. Wind- und Solar­an­lagen, elek­tri­sche Spei­cher, Elek­tro­ly­se­an­lagen, Lade­infra­struktur für elek­tri­sche Fahr­zeuge sowie viele Verbrau­cher haben eins gemeinsam: Sie werden mit Gleich­strom betrieben bezie­hungs­weise liefern Gleich­strom. Mit der Ener­gie­wende über­steigt in vielen Netzen bereits heute die instal­lierte Kapa­zität an Gleich­strom­sys­temen die der tradi­tio­nellen Wech­sel­strom­sys­teme (Gene­ra­toren, Antriebe, Wech­sel­strom­ver­brau­cher).

Der Einsatz leis­tungs­elek­tro­ni­scher Umrichter wird künftig zunehmen. Neue leis­tungs­elek­tro­ni­sche Betriebs­mittel und neue konven­tio­nelle Betriebs­mittel lassen sich zum Betrieb künf­tiger Netze unter den oben genannten Heraus­for­de­rungen nutzen. Weiterhin ist eine zuneh­mende Auto­ma­ti­sie­rung der Netze absehbar. Die Anfor­de­rungen bleiben hierbei gleich: ein sicherer Betrieb der Netze mit hoher Strom- und Span­nungs­qua­lität.


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Stephan Rupp, Geschäfts­ent­wickler im Bereich Leis­tungs­elek­tronik, ist für Sie da:
S.Rupp@reinhausen.com


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