Machen neuartige Umrichtertechnologien wie Voltage-Source Converter (VSC) den Stufenschalter in HGÜ-Anlagen überflüssig? Eine Studie der Technischen Universität Ilmenau ist dieser Frage nachgegangen.
Die Hochspannungs-Gleichstrom- Übertragung (HGÜ) macht es möglich, große Energiemengen – vor allem aus erneuerbaren Energien – nahezu verlustfrei über weite Strecken zum Verbraucher zu transportieren. Dazu wandeln Konverterstationen zu Beginn der HGÜ-Strecken die eingehende Wechselspannung in Gleichspannung und am Ende wieder in Wechselspannung zurück. Über viele Jahre setzten Netzbetreiber dabei auf Line-Commutated Converter (LCC) – also netzgeführte Umrichter.Diese arbeiten mit Thyristoren, die für einen fehlerfreien Betrieb von der versorgenden Spannung des Wechselspannungsnetzes abhängig sind. An dieser Stelle kommt ein geregelter Transformator ins Spiel, der die Konverterstation mit dem Wechselspannungsnetz verbindet. Hier regelt ein Stufenschalter die Eingangsspannung präzise in diskreten Schritten, um sicherzustellen, dass die Thyristoren im optimalen Bereich schalten und der Betrieb des Umrichters stabil bleibt.
Neue Umrichtertechnologie
Mit der Einführung von Umrichtern in Voltage-Source-Converter-(VSC-)Technologie ändert sich jedoch die Bedeutung von Stufenschaltern in HGÜ-Anlagen: Diese Umrichter-Technologie verwendet IGBTs, also abschaltbare Halbleiterelemente, die sich selbstständig und flexibel schalten lassen. Damit können VSC-Umrichter Spannung und Strom unabhängig von der Versorgungsspannung des anliegenden Wechselspannungsnetzes steuern und auch ohne geregelten Transformator auf Schwankungen im Stromnetz reagieren. Doch bedeutet das das Ende von Stufenschaltern in modernen HGÜ-Anlagen?
Besser schalten
Die Antwort darauf lautet Nein. Zu diesem Ergebnis kommt eine unabhängige Studie der Technischen Universität Ilmenau, die sich mit den Charakteristika moderner HGÜ-Systeme auseinandergesetzt hat. Die Studie zeigt, dass HGÜ-Anlagen mit VSC-Systemen höhere Verluste aufweisen, wenn sie ohne Stufenschalter im Transformator betrieben werden. Grund dafür ist der Stromfluss durch die Halbleiterelemente, der ohne eine gezielte Spannungsregulierung oft höher ist als nötig. Die Folge: mehr Verlustwärme und weniger nutzbare Energie. Der Stufenschalter setzt genau hier an. Er erhöht die am Umrichter anliegende Spannung, entsprechend der jeweiligen Betriebssituation und unter Wahrung der zulässigen Systemgrenzen – und zwar so, dass der Stromfluss bei gleichbleibender Leistung sinkt.
Dadurch verringern sich die Verluste deutlich und der Energieertrag steigt. Besonders bei langen Übertragungsstrecken und großen Energiemengen zahlt sich das aus: Mehr grüne Energie kommt beim Verbraucher an, der Betrieb wird effizienter und wirtschaftlicher. Zudem reduziert die geringere thermische Belastung den Verschleiß und verlängert die Lebensdauer der Umrichterkomponenten. Und während diese ohnehin nach rund 15 Jahren ausgetauscht werden müssen, halten Stufenschalter bis zu 60 Jahre – eine Investition, die sich für Netzbetreiber langfristig sowohl ökologisch als auch ökonomisch bezahlt macht.
Fazit: Stufenschalter bleiben auch in Zukunft eine Schlüsseltechnologie für HGÜ-Anlagen. Denn für die präzise Spannungsregelung im laufenden Betrieb mit höchster Zuverlässigkeit und maximaler Lebensdauer gibt es derzeit keine gleichwertige technische Lösung. Deshalb setzt die Maschinenfabrik Reinhausen auch in Zukunft auf die Weiterentwicklung von Stufenschaltern für HGÜ-Anlagen – mit modernen Steuerungskonzepten, digitaler Vernetzung und dem gezielten Einsatz von künstlicher Intelligenz.
„Mit Stufenschaltern wird die Betriebsführung einfacher“
Drei Fragen an Prof. Dirk Westermann, der die Studie der Technischen Universität Ilmenau geleitet hat.

Welche Trends sehen Sie allgemein bei HGÜ-Anwendungen?
Aktuell lassen sich mehrere Trends beobachten. Es werden mehr HGÜ-Anlagen benötigt, weil der Ausbau der erneuerbaren Energien zunimmt und auch der globale Stromhandel wächst. Zudem gibt es kontinuierliche technologische Fortschritte, die zu effizienteren und kostengünstigeren HGÜ-Systemen führen, wie etwa durch selbstgeführte modulare Multilevel-Umrichter in Halb-oder Vollbrückentechnologie.
„Stufenschalter erhöhen den Regelaufwand im System nicht, sondern vereinfachen vielmehr die Betriebsführung.“
Prof. Dirk Westermann
Braucht man in Zukunft überhaupt noch Stufenschalter in HGÜ-Anlagen?
Auf jeden Fall. Zwar können selbstgeführte Umrichter eine gewisse Spannungsregelungsfunktion übernehmen, aber mit Stufenschaltern hat man die Chance, verbesserte Regelstrategien zu implementieren und Verluste zu minimieren.
Werden HGÜ-Anlagen durch zusätzliche Komponenten wie Stufenschalter nicht anfälliger?
Nein, denn Stufenschalter sind seit Jahrzehnten erprobt, haben gerade bei etablierten Herstellern eine lange Lebensdauer sowie eine sehr geringe Fehleranfälligkeit. Zudem erhöhen Stufenschalter den Regelaufwand im System nicht, sondern vereinfachen vielmehr die Betriebsführung.
Die Studie zum Download
Möchten Sie tiefer einsteigen? Hier können Sie die ganze Studie herunterladen.

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Daniel Raab ist für Sie da:
D.Raab@reinhausen.com


