In Australien sorgt die große Menge an Solarstrom in immer mehr Netzen für zu hohe Spannungen. Regelbare Ortsnetztransformatoren können Abhilfe schaffen.
Australien, Land voller Sonne — rund 3.300 Sonnenstunden pro Jahr gibt es in Perth, dem Sitz der Unternehmenszentrale des australischen Netzbetreibers Western Power im Bundesstaat Westaustralien. Da kann man als Westeuropäer schon mal neidisch werden. Zum Vergleich: Am Hauptsitz von MR in Regensburg sind es grade einmal rund 1.600 Sonnenstunden.
Kein Wunder, dass Australien derzeit weltweit das Land mit der größten Rate an Energiegewinnung durch Fotovoltaik ist. Auf australischen Dächern sind derzeit 2,3 Millionen Solareinheiten verbaut. Damit wird annähernd ein Gigawatt an Energie eingespeist, mit Ausblick auf zusätzliche 150 Megavoltampere pro Jahr in den folgenden Jahren.
Gut für die Umwelt, schlecht fürs Netz
Für Mariza Butler, Senior Engineer Grid Transformation bei Western Power, sind das erst einmal gute Nachrichten: „Wir möchten, dass möglichst viele Menschen Fotovoltaik nutzen, ihre Energie ins Netz einspeisen und so einen Beitrag zum Klimaschutz leisten“, sagt sie. Doch leider gibt es da auch ein Problem: Wenn der Anteil an Strom, der von Privatverbrauchern zurück ins Niederspannungsnetz fließt, steigt, während die elektrische Last gering ist, steigt auch die Spannung im Netz.
Dies ist vor allem im australischen Frühling und Herbst der Fall, wenn die Temperaturen nicht unbedingt den Einsatz von Klimaanlagen erfordern, die Bevölkerung sich aufgrund der milden Temperaturen im Freien aufhält und der Strombedarf entsprechend niedriger ist. Die Sonne interessiert das allerdings wenig — sie scheint unablässig weiter auf die Solarpaneele.
Eine gewisse Schwankung der Niederspannung ist normal, doch gibt es Grenzwerte, die eingehalten werden müssen. Für europäische Netzbetreiber gilt ein Spielraum von 58 Volt (230 Volt, plus/minus zehn Prozent), für Western Power am anderen Ende der Welt liegt der bei nur 29 Volt (240 Volt, plus/minus sechs Prozent).
Deutsches Know-how in Australien
In Deutschland begann man bei MR bereits 2012, sich dem Problem zu widmen. Denn in vielen Industrienationen machten dezentrale Einspeiser den Mittel- und Niederspannungsnetzen zunehmend zu schaffen. Wie also bei volatiler Einspeisung Ruhe in die Verteilnetze bringen?
MRs Antwort: der Laststufenschalter ECOTAP® VPD®. Er ist bereits die dritte Generation von Stufenschaltern für regelbare Ortsnetztransformatoren (RONTs), der die dezentrale Spannungsregelung im Verteilungsnetz möglich macht. Vorher waren Verteiltransformatoren nicht regelbar. Regelbarkeit erlaubt es, Spannungsschwankungen in Ortsnetzen auszugleichen.
„Wir möchten, dass möglichst viele Menschen Fotovoltaik nutzen, ihre Energie ins Netz einspeisen und so einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“Mariza Butler, Senior Engineer Grid Transformation bei Western Power
Auf einem Treffen der Arbeitsgruppe für verteilte Stromerzeugung (C6) der Cigre Australia in Tasmanien hielt Dr.-Ing. Thomas Smolka, der Managing Director von Reinhausen Australia, 2016 einen Vortrag zu diesem Thema. Daraufhin begann Western Power, RONTs als eine potenzielle, langfristige Lösung in Betracht zu ziehen. Western Power und MR einigten sich auf ein Pilotprojekt, bei dem elf ausgewählte Mast-Transformatoren mit den ECOTAP® VPD® ausgestattet werden sollten. Im November 2019 begann die Installation, seitdem läuft der Feldversuch. „Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend, was die Spannungsregelung auf Werte innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen an den Niederspannungszuleitungen betrifft“, sagt Butler.
Einmal konfigurieren, dann „vergessen“
Der ECOTAP® VPD® wird auf der Hochspannungswicklung des Trafos installiert, einschließlich eines Messgeräts, das sowohl Strom als auch Spannungen auf der Niederspannungswicklung des Trafos überwacht und automatisch eine Änderung des Übersetzungsverhältnisses vornimmt, wenn sich die Spannungsschwankungen außerhalb der voreingestellten Grenzen bewegen. „Uns war wichtig, dass wir eine Set-and-forget-Lösung für unser Problem finden“, erklärt Butler, sprich eine Lösung, bei der man Einstellungen einmal vornimmt und dann seine Ruhe hat. Gegen eine zentralisierte Lösung sprach die schiere Anzahl an Trafos in Australien. „Bei rund 1,5 Millionen Verteiltransformatoren in Australien, davon 90 Prozent am Mast hängende ‚Pole‘-Transformatoren, macht das Probleme“, sagt Dr. Thomas Smolka.
Die automatische Regelungsfunktion der leistungsabhängigen Sollwertanpassung (TDSC — Tapcon Dynamic Setpoint Control) hat es Western Power besonders angetan. Mithilfe eines Stromwandlers werden dabei die Leistung und Richtung des Stroms gemessen und anschließend die Stellung des Laststufenschalters automatisch angepasst.
Somit lassen sich Spannungsabfälle und — während einer großen Einspeisung von Solarstrom — höhere Netzspannungen ausgleichen. Im ersten Testlauf wurden die RONT/VRDT auch noch kommunikationstechnisch via DNP3-Protokoll an die Leitwarte angebunden (CONTROL PRO), die ein Auslesen der Daten und eine Fernsteuerung aus der Leitwarte ermöglicht. „Wir werden sehen, ob das auch in Zukunft nötig sein wird“, sagt Butler.
Der ECOTAP® VPD®
Wenn immer mehr private Haushalte Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz einspeisen, führt das zu Spannungsschwankungen. Der ECOTAP® VPD® macht aus starren Verteiltransformatoren intelligente Regeltransformatoren, die Schwankungen auf der Mittelspannung ausgleichen und auf der Niederspannungsseite auf Einspeise- und Lastveränderungen reagieren. Der ECOTAP® VPD® ist dabei so kompakt, dass der Verteiltransformator nicht größer wird.
Western Power
Der Anbieter und Dienstleister von Verteil- und Übertragungsnetzen mit Sitz in Perth hat mehr als 2 Millionen Kunden. Er bietet seine Services auf einer Fläche von 254.920 km² in der südwestlichen Region von Westaustralien an.
Fit für eine nachhaltigere Zukunft
Der Test-Zeitraum läuft noch bis Juni 2021, aber Western Power ist mit den bisherigen Ergebnissen bereits sehr zufrieden. „Mit dem regelbaren ECOTAP® VPD® haben wir möglicherweise einen Hebel gefunden, der unsere Maßnahmen zur Regelung unseres Netzwerks optimal ergänzt“, sagt Mariza Butler.
Und so kann das Unternehmen einer Zukunft, in der die Themen E‑Auto und Heimspeicher die Stromnetze vor weitere neue Herausforderungen stellen werden, gelassener entgegenblicken. „Wir wollen in jedem Fall unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten“, so Butler. „Und die Produkte von MR machen es uns leichter, dieses Ziel zu erreichen.“
Schon gewusst?
Jede Installation von Photovoltaik produziert nicht nur elektrische Energie, sondern trägt in erheblichem Maße zur Netzverschmutzung bei. Die Folge sind Netzharmonische und Instabilitäten in der Spannungshaltung, die erheblichen Einfluss auf eine sichere Spannungsversorgung durch Photovoltaik haben würden. Speziell in Australien werden durch restriktive Einspeiserichtlinien für Betreiber von Photovoltaik-Anlagen die Erzeugung von rückwirkungsfreier Solarenergie durchgesetzt.
Hier kommt MR – Power Quality mit den Spezialisten im Lösungsgeschäft zum Einsatz. Die MR Netzstudien- und Planungsleistungen resultieren in individuellen Harmonischen Filterkreisanlagen, die zusammen mit unserem Partner energySEA Pty Ltd in Australien erfolgreich in verschiedenste Photovoltaik-Projekte integriert worden sind. Eine typische Anwendung für Harmonische Filterkreise sind 33kV Filterkreise in C‑Type Konfiguration mit Dead-Tank Schalter, Air-Core Reactors, Resistors und Kondensatoren.
Jede Photovoltaik ‑Anlage unterliegt veränderten Anschlussbedingungen, was automatisch zu unterschiedlichen Harmonischen Filterkonzepte führt. Demzufolge sind Harmonische Filterkreise keine Anlagen „von der Stange“, sondern erfordern immer die Kompetenz der Power Quality Spezialisten der MR.
Mehr Informationen zur den Lösungen von Reinhausen Power Quality finden Sie hier.
IHR ANSPRECHPARTNER
Haben Sie Fragen zum Einsatz der ECOTAP® VPD® in Australien?
Dr.-Ing. Thomas Smolka ist für Sie da:
T.Smolka@au.reinhausen.com