Mit der Energiewende droht ein instabiles Stromnetz. Übertragungsnetzbetreiber benötigen daher dringend eine Lösung. MR entwickelt mit Partner Omexom eine optimierte Technologie zur Stabilisierung der Blindleistung — so bleibt die Stromversorgung auch in Zukunft berechenbar.
Es ist ein heißes Sommer-Wochenende im Jahr 2035. Viele Familien sind draußen am See. Der Strand ist voll, Kinder springen von schwimmenden Holzinseln. Die Sonne spiegelt sich im Wasser. Keine Wolke ist am Himmel, aber ein angenehmer Wind kühlt die Haut. Solarzellen und Windräder produzieren Energie en masse. Niemand am Strand macht sich Gedanken darüber, dass die Netzspannung gerade in kritische Bereiche steigt.
In den Netzleitstellen der deutschen Systemoperatoren herrscht hingegen Alarmbereitschaft. Die Regelreserven sind ausgeschöpft, es droht die Notabschaltung einiger Energie-Erzeuger. Es kommt zu einer Überlastung und einige Menschen haben keinen Strom mehr, wenn sie nach Hause kommen. Ist das unsere Zukunft?
Kein stabiles Netz ohne Innovation
Nach der Reaktorkatastrophe 2011 in Japan hat die Bundesregierung die Beschleunigung der Energiewende beschlossen: Bis 2022 steigt Deutschland aus der Kernenergie aus, bis spätestens 2038 auch aus der Kohlekraft. Durch die Abschaltung der Kraftwerke mit ihren großen Generatoren wird der Netzbetrieb jedoch anfälliger für Störungen und vor allem auf der Höchst- und Hochspannungsebene verlieren die Übertragungsnetzbetreiber ein wichtiges Vehikel, um die Spannung in den Transportleitungen stabil zu halten: die Blindleistung. Sie wird nämlich über die Generatoren der Kraftwerke reguliert. Fallen diese weg, muss dringend ein Ersatz her.
„Ohne Technologien, die unsere Netze stabilisieren, wären kritische Situationen künftig Alltag.“ Thomas Brückner, Reinhausen Power Quality
Thomas Brückner vom Geschäftsbereich Power Quality (PQ) hat sich mit dem Problem eingehend beschäftigt: „Aus Gesprächen mit Netzbetreibern wissen wir, dass nach der Abschaltung bestehender Kohlekraftwerke erhebliche Schwierigkeiten im Netz auftraten. Ohne Technologien, die unsere Netze stabilisieren, wären kritische Situationen künftig Alltag.“
MR Power Quality hat sich deshalb mit der Omexom Umspannwerke GmbH zusammengetan, um Netzbetreibern eine Alternative zu bieten. Omexom entwickelt Energieinfrastrukturanlagen für die Energieerzeugung und ‑verteilung. Gemeinsam haben die beiden Partner eine bewährte Technologie optimiert, die, wenn sie an den geeigneten Netzknotenpunkten platziert wird, die Stromversorgung stabilisiert: sogenannte MSCDN-Anlagen.

MSCDN steht für Mechanically Switched Capacitor with Damping Network. Die Anlage besteht aus einer mechanisch geschalteten Kondensatorbank mit Dämpfungsnetzwerk. Ihre Hauptaufgabe ist die Bereitstellung von Blindleistung zur Spannungsregelung. Wird mehr Strom aus dem Netz gezogen, als produziert wird, weil zum Beispiel gerade Hunderttausende ihr Auto an die Ladesäule anschließen, sinkt die Netzspannung. Wird mehr Energie produziert, weil das Wetter ideal ist oder die Verbraucher gerade weniger benötigen, steigt die Spannung — in beiden Fällen kann dies Störungen im Netz verursachen.
Die MSCDN-Anlagen verbessern die Spannungsqualität und dämpfen die Resonanzen im Netz wirksam. Die Herausforderung für PQ und Omexom war es, die MSCDN-Anlage so zu optimieren, dass sie den strengen Anforderungen der vier Übertragungsnetzbetreiber genügt. Die knapp 36.000 Kilometer Höchstspannungsleitungen, für die sie verantwortlich sind, bilden schließlich die Lebensadern der Wirtschaft. PQ und Omexom haben daher umfangreiche Untersuchungen und Simulationen durchgeführt — auch unter Berücksichtigung künftiger Netzausbau-Szenarien. Denn in den kommenden Jahren kommen im Übertragungsnetz mehrere Tausend Kilometer hinzu.
Effiziente Anlage
Die Anlage hat ein kompaktes Design. Sie ist als C‑Type-Filterkreis mit geteilten Kapazitäten und Dämpfungswiderstand ausgeführt. Zusätzlich kommen Drosselspulen zum Einsatz, die so effizient gestaltet sind, dass sie nur geringe Verluste erzeugen. Die Anlage kann über einen speziellen Leistungsschalter phasenselektiv aktiviert werden. Bei hoher Auslastung stellt sie eine kapazitive Blindleistung bereit, bei geringer Last bietet sie Schutz vor Überspannung — was in vielen Situationen bereits ausreicht. Für eine stufenlose Regelung werden komplexe dynamische Systeme wie der STATCOM (Stromrichter) sowie statische Blindleistungskompensatoren (SVC) eingesetzt.
„Inzwischen haben sich viele Lösungen ergeben, mit denen die Versorgung mit regenerativer Energie auch ohne zentralen Erzeuger realisierbar ist.“ Volker Erfurth, Omexom
Mit der Implementierung der Anlagen wird Deutschland besser für die Veränderungen gerüstet sein, die mit der Energiewende kommen. Selbstverständlich war das nicht. „Als es losging mit der regenerativen Energie, haben alle Energieversorger riesengroße Probleme gesehen und gesagt, dies sei in dieser Zeitspanne nicht zu machen“, sagt Volker Erfurth von Omexom. „Inzwischen haben sich viele Lösungen ergeben, die dazu geführt haben, dass die Versorgung mit regenerativer Energie trotz der nicht kontinuierlichen Lieferungen von zentralen Erzeugern aus realisierbar ist.“
Es muss noch reichlich investiert werden, zumal mehr Strom denn je benötigt wird— sei es durch Elektromobilität, den künftig steigenden Bedarf an Wasserstoff oder rechenintensive Informationstechnik. Es muss also dringend gehandelt werden. Erfurth sagt: „Aber ich bin optimistisch, dass technische Lösungen wie die MSCDN-Anlage ein dauerhaft stabiles Netz ermöglichen.“
Die Zusammenarbeit der beiden Unternehmen ist somit ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Mehrere Anlagen sind bereits in Betrieb. Brückner ergänzt: „Uns allen ist es wichtig, dass wir einen wertvollen Beitrag zur Energiewende, zum Klimaschutz und zur Netzstabilität im deutschen und damit auch im europäischen Verbundsystem leisten.“ 2035 können die Menschen also beruhigt die Sonne genießen.
REINHAUSEN INSIDE
Reinhausen bietet kundenspezifische Systemlösungen für die Bereitstellung und die Erbringung der Blindleistung in Hoch- und Mittelspannungsnetzen, um eine zukunftsorientierte Einbindung der dezentralen erneuerbaren Energien und die Energiewende zu ermöglichen. GRIDCON® MSCDN-Anlagen sind ein wesentlicher Baustein zur Bereitstellung von statischer Blindleistung und Resonanzdämpfung und dienen zur gestuften Blindleistungs- und Spannungsregelung.
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