Der Gigant von Amprion

Der deut­sche Netz­be­treiber Amprion benö­tigt den größten und leis­tungs­fä­higsten Phasen­schieber der Welt. Damit sich der über­haupt lohnt, braucht es zunächst eine Revo­lu­tion beim Last­stu­fen­schalter.


Die Mensch­heit will immer mehr Energie auf einmal bewegen und braucht dazu große Hoch­leis­tungs­trans­for­ma­toren aller Arten: für Hoch­span­nungs-Gleich­strom-Über­tra­gung (HGÜ) quer durch ganze Länder hindurch, für viele indus­tri­elle Anwen­dungen wie Licht­bo­gen­öfen zur Stahl­er­zeu­gung oder für variable Shunt-Reak­toren zur Blind­leis­tungs­kom­pen­sa­tion. Bei Amprion geht es um leis­tungs­starke Phasen­schieber-Trans­for­ma­toren; besser gesagt: um den leis­tungs­fä­higsten Phasen­schieber aller Zeiten.

Ein Notruf geht ein

Amprion ist einer von vier Über­tra­gungs­netz­be­trei­bern in Deutsch­land. Der Auslöser für den Bau des Phasen­schieber-Titanen und die bahn­bre­chenden Entwick­lungen drum­herum ist ein Notruf: Die Bundes­netz­agentur wendet sich vor einigen Jahren an Amprion mit der Vorgabe, so schnell es irgend gehe, High-End-Phasen­schieber an über­las­teten Netz­knoten aufzu­stellen. Denn eine Studie hat bestä­tigt, was damals schon viele ahnten: Der Ausbau der Strom­netze in Deutsch­land hält nicht Schritt mit der zusätz­li­chen Einspei­sung rege­ne­ra­tiver Energie.

Mit den Maßen 30 x 26 x 11 Meter so groß wie fünf Einfamilien­häuser, 935 Tonnen schwer — und in weniger als drei Jahren macht sich der gigan­ti­sche Phasen­schieber bezahlt.

Rein­hard Bradt, verant­wort­lich für Netz­pro­jekte bei Amprion, wird konkreter: „Das führt dazu, dass zum Beispiel bei der Über­tra­gung von Energie aus Offshore-Wind­parks vom Norden Deutsch­lands in die Verbrauchs­zen­tren des Südens einzelne Höchst­spannungs­leitungen über­lastet werden.“ Um die Zeit des weiteren Netz­aus­baus bis 2030 zu über­brü­cken, sollen ad hoc riesige Phasen­schieber helfen, das Netz robust und leis­tungs­fähig zu halten. Damit jedoch nicht teure Notlö­sungen in der Land­schaft stehen, muss diese Inves­ti­tion zwei Bedin­gungen erfüllen: Sie soll sich inner­halb von drei Jahren amor­ti­sieren und nach­haltig sein.

Turbo für den VACUTAP®

Ein Phasen­schieber ist wie ein Zwei­we­ge­ventil fürs Netz, das bestimmt, ob der Strom von links nach rechts oder von rechts nach links fließt. Mit ihm können Netz­be­treiber Leitungen entlasten, ohne dafür in Strom­ver­brauch oder ‑erzeu­gung eingreifen zu müssen — denn das kostet saftige Redis­patching-Gebühren. Ein Phasen­schieber kann die Über­tra­gungs­fä­hig­keit des Netzes insge­samt zwar nicht vergrö­ßern, aber die Belas­tung im Netz so verschieben, dass es besser ausge­nutzt wird, bis der Netz­ausbau die gesamte Über­tra­gungs­fä­hig­keit des Netzes erhöht.

Ein Meis­ter­stück

Der erste und leis­tungs­stärkste VACUTAP®-Stufen­schalter der Welt für Hochleistungs­anwendungen.

Das VACUTAP® Advanced Flux Control System gewähr­leistet die Funk­tion der Vaku­um­schalt­röhren bei extremen Strömen und starken Magnet­fel­dern in High-End-Anwen­­dungen.

18 bis 35 Betriebs­ein­stel­lungen sind mit dem R‑Wähler möglich. Mit dem Active Gas Inhi­bi­tion System AGIS® lässt sich Gasbil­dung um 90 Prozent redu­zieren.

Die High­lights auf einen Blick:

10.000 kVA Schalt­leis­tung*

Bis zu 4 Meter hoch ist der Rekord­schalter*

3.200 Ampere Bemes­sungs­strom*

6.000 Volt Stufen­span­nung*

Verdop­peltes Leis­tungs­spek­trumfür VACUTAP®-Laststufenschalter:

* Die Zahlen sind abhängig von der Ausfüh­rung und geben die jeweils maximal mögli­chen Werte an.

Amprion beauf­tragte Siemens Energy mit dem Bau des ersten Mega-Phasen­schie­bers. Das soll er hand­haben: 400 Kilo­volt Bemes­sungs­span­nung, 2.000 Mega­volt­am­pere Durch­gangs­leis­tung und 2.992 Ampere Bemes­sungs­strom. Eines ist aber noch unklar: Wie schaltet man bei solchen Lasten?

Bradt denkt an die zwei Bedin­gungen — Amor­ti­sa­tion in drei Jahren, nach­haltig — und schluss­fol­gert, dass er dazu wartungs­freie Last­stu­fen­schalter braucht, sprich: welche mit Vaku­um­tech­no­logie. Blöd nur, dass es die für diese Leis­tungs­klasse über­haupt nicht gibt. „Darum haben wir MR gebeten, einen VACUTAP® dafür zu entwi­ckeln.“ Die Auffor­de­rung trifft MR nicht völlig unvor­be­reitet: Seit Jahren befindet sich so ein VACUTAP® in der Vorent­wick­lung. Aber jetzt, wo es plötz­lich sehr konkret wird, bündelt MR alle Kräfte und schaltet den Turbo dazu, um den neuen, musku­lösen VACUTAP® einsatz­reif zu kriegen.

Gute Entwick­lung

Die Grenze für den Bemes­sungs­strom bei der VACUTAP®-Technologie liegt bisher bei 1.300 Ampere ohne erzwun­gene Strom­tei­lung. Die MR-Inge­nieure schrauben sie inner­halb kürzester Zeit auf sagen­hafte 3.200 Ampere hoch — und über­treffen damit sogar die bishe­rige Grenze von 3.000 Ampere für wartungs­in­ten­sive Öltechnik. Um mit den hohen Strömen und starken Magnet­fel­dern in den Last­stu­fen­schal­tern klar­zu­kommen, entwi­ckeln die MR-Leute einen beson­deren Kniff: das Advanced Flux Control System.

Schon in den ersten drei Jahren wird aus dem Phasen­schieber eine rentable Inves­ti­tion, die dann 50 Jahre wartungs­frei weiter­läuft

Jetzt steht dem geplanten Riesen-Phasen­schie­ber­trafo nichts mehr im Wege. Aber wie riesig muss er eigent­lich werden? Hier hat MR eine nette Über­ra­schung für Siemens und Amprion parat: Der neue VACUTAP® kommt ohne erzwun­gene Strom­tei­lung aus. Der Last­stu­fen­schalter kann die gesamte Strom­menge in einem Sektor tragen und dies hat enorme Folgen für das Trafo­de­sign: Der Hersteller kann sich eine kompli­zierte und platz­fres­sende Wick­lung an den jeweils VW-Bus-großen Spulen sparen.

Siemens konnte dadurch einfa­cher und kleiner denken. Der Phasen­schie­ber­trafo ist allein durch dieses VACUTAP®-Feature deut­lich kleiner als mit erzwun­gener Strom­tei­lung. Kleiner heißt: weniger Mate­rial, leichter, weniger Isolieröl. Mit einem Wort: güns­tiger.

Rein­hard Bradt, Leiter Netz­pro­jekte bei Amprion.

Und: Er ist leichter zu trans­por­tieren. Denn so ein Mons­ter­ding kann auf dem Landweg nur per Schiene bewegt werden und dafür gibt es schlicht Begren­zungen, was Gewicht und Ausmaß der Trans­port­güter betrifft. Mit dem schlanken Riesen ist dies aber kein Problem.

Geld durch Redis­patching

Bleibt noch die Frage, wie sich ein solcher High­tech-Brocken inner­halb von gerade einmal drei Jahren amor­ti­sieren kann. Die Antwort darauf über­rascht: durch gesparte Redis­patching-Kosten. Denn im euro­päi­schen und vor allem im deut­schen Netz gehen viele Maßnahmen (Redis­patches) auf Vertrags­ver­ein­ba­rungen zurück, die bestimmen, wer zu welcher Zeit wie viel Strom abnimmt bezie­hungs­weise abgibt.

„Wir erwarten Einspa­rungen von einhun­dert Millionen Euro in den nächsten drei Jahren.“

Rein­hard Bradt, Leiter Netz­pro­jekte bei Amprion

Diese Verein­ba­rungen sind auf die Minute genau fest­ge­legt, jede Minute länger oder kürzer kostet enorme Vertrags­strafen. Und Phasen­schieber an den rich­tigen Naht­stellen — meist an Grenzen zwischen Ländern oder Versor­gungs­ge­bieten — versetzen Amprion in die Lage, solche vertrags­be­dingten Maßnahmen mühelos und stets pünkt­lich durch­zu­führen. Rein­hard Bradt sagt: „Einsatz­si­mu­la­tionen ergaben an einem geeig­neten Standort Einspa­rungen von mehr als einhun­dert Millionen Euro nach Abzug der Inves­ti­tion der ersten drei Betriebs­jahre.“

Die Inbe­trieb­nahme ist für 2023 geplant. Schon in den ersten drei Jahren wird aus dem Phasen­schieber eine rentable Inves­ti­tion, die danach 40 bis 50 Jahre wartungs­frei weiter­läuft. Bradt ergänzt: „Nach dem ausste­henden Netz­ausbau bleibt die Nutzung sinn­voll, denn sie hilft, den grenz­nahen Leis­tungs­fluss im Amprion-Netz zu opti­mieren.“

REINHAUSEN INSIDE

Der erste Vakuum-Stufen­schalter für sämt­liche High-End-Anwen­dungen:

  • Hoch­span­nungs-Gleich­strom-Trans­for­ma­toren (HGÜ) bei langen Strom­au­to­bahnen
  • Variable Shunt-Reak­toren (VSR) zur Blind­leis­tungs­kom­pen­sa­tion
  • Phasen­schieber-Trans­for­ma­toren (PST) zur aktiven Steue­rung des Leis­tungs­flusses im Strom­netz

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Chris­tian Hillinger ist für Sie da:
C.Hillinger@reinhausen.com


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