„Wir bringen stabile Netze in die entle­gensten Ecken der Welt“

Clevere Ener­gie­spei­cher­lö­sungen sind das Geschäft von Autarsys. Im Inter­view spricht Mitgründer und Geschäfts­führer Matthias Roß über sein Unter­nehmen und erzählt, wie die intel­li­gente Filter­lö­sung von MR hilft, seine Ideen zu reali­sieren.


Herr Roß, wie wird man als Sozi­al­päd­agoge Chef eines Hoch­tech­no­lo­gie­un­ter­neh­mens?

Im Unter­schied zu meinem Mitgründer Erich Bosch, der für mich die Inkar­na­tion eines Inge­nieurs darstellt, habe ich in der Tat einen eher unty­pi­schen Hinter­grund. Ursprüng­lich habe ich viel in Sozial- und Stadt­ent­wick­lungs­pro­jekten gear­beitet. Mit dem Ener­gie­be­reich kam ich zum ersten Mal bei einem Groß­pro­jekt zur Versor­gung mit erneu­er­barer Energie auf den Azoren in Kontakt.

Dort sollte eine Insel des Archi­pels allein mit Solar- und Wind­strom belie­fert werden und dazu brauchte es ein Batte­rie­spei­cher­system. Als Nicht­tech­niker habe ich mir da ganz­heit­lich ange­schaut, welche wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Bedin­gungen es rund um das Projekt gibt und was man verän­dern müsste, um derar­tige Projekte welt­weit vermarkten zu können. Das tech­ni­sche Know-how wächst da fast schon auto­ma­tisch mit.

Wie kam es dann zur Entschei­dung, ein eigenes Unter­nehmen zu gründen?

In dem Groß­pro­jekt habe ich fest­ge­stellt, dass die hohen Batte­rie­preise eine große Hürde für die Finan­zie­rung solcher Anlagen darstellen und die Renta­bi­lität schmä­lern. Zugleich war klar, dass der weiteren Verbrei­tung der Photo­vol­taik und der Wind­energie durch Schwan­kungen im Netz Grenzen gesetzt sind.

Wenn man diese über­schreiten möchte, braucht man in irgend­einer Form einen Spei­cher, der sowohl die laufenden Schwan­kungen im Netz ausba­lan­ciert, als auch in der Lage ist, Energie vom Tag in die Nacht oder vom Wind in die Wind­stille zu trans­fe­rieren. Wenn das nicht gelingt, wird der Anteil erneu­er­barer Ener­gien immer über­schaubar bleiben. Deshalb wollten wir, Erich Bosch und ich, uns der Frage nach der Spei­cher­tech­no­logie intensiv widmen und haben dafür Autarsys gegründet.

Mit der Wech­sel­rich­ter­lö­sung von MR kann Autarsys intel­li­gente Strom­spei­cher (ESS) bauen, die auch an entle­genen Orten ein autarkes und stabiles Strom­netz ermög­li­chen. So wie auf der Insel Palawan, die zu den Phil­ip­pinen gehört. Hier wird der ESS gerade an seinen Bestim­mungsort gebracht. (© Autarsys GmbH)

Wir machen nicht nur Soft­ware und Projekt­ent­wick­lung, sondern entwi­ckeln konkrete Produkt­lö­sungen in Contai­ner­form, um Spei­cher­tech­no­lo­gien kosten­günstig und in der Breite auf den Markt bringen zu können. Das ist extrem wichtig, da ein Groß­teil der Welt­be­völ­ke­rung immer noch keinen oder nur einge­schränkten Zugang zu Elek­tri­zität hat. Dabei sind in vielen Entwick­lungs­län­dern die Voraus­set­zungen für Wind- und Solar­an­lagen eigent­lich günstig. Was jedoch fehlt, ist ein stabiles Strom­netz mit Spei­cher­mög­lich­keiten, die auch finan­zierbar sind.

Wie sieht Ihre Lösung konkret aus?

Bei unserer Lösung handelt es sich um Ener­gie­spei­cher­sys­teme, kurz ESS (Energy Storage Systems), die maßgeb­lich die tech­ni­schen Vorteile der neuesten Gene­ra­tion von Lithium-Ionen-Batte­rien nutzen. Die ESS können bei geringem Eigen­ver­brauch die von verschie­denen Systemen – wie Solar- oder Wind­an­lagen und Diesel­ge­ne­ra­toren – erzeugte Energie spei­chern und bei stei­genden Bedarfen abgeben. Dadurch gewähr­leisten sie eine störungs­freie Strom­ver­sor­gung. Das Spei­cher­system fungiert so als Puffer zwischen den Erzeu­gungs­an­lagen und über­nimmt im Off-Grid-Betrieb die Rolle des netz­bil­denden Kraft­werks, das als zentrales Element die Netz­fre­quenz und Span­nung steuert.

Warum setzen Sie auf das modu­lare Wech­sel­rich­ter­system GRIDCON® PCS?

Die Aufgabe der Wech­sel­rich­ter­lö­sung der Maschi­nen­fa­brik Rein­hausen ist die zentrale, intel­li­gente Netz­füh­rung. Der Wech­sel­richter filtert unter anderem Ober­schwin­gungen, kompen­siert die Blind­leis­tung, symme­triert aktiv die Last und hält damit die Span­nung im Netz stabil. Eine ausge­klü­gelte Steue­rung über kenn­li­ni­en­ba­sierte Statiken erlaubt den stabilen Betrieb parallel zu einspei­senden Solar- und Wind­ener­gie­an­lagen und Diesel­ge­ne­ra­toren.

Welche weiteren Vorteile bietet Ihnen das GRIDCON® PCS?

Da gibt es mehrere. Zunächst ist es von Vorteil, dass im System ein aktiver Netz­filter einge­baut ist, der bestimmte Schwan­kungen selbst ausgleicht – das ist gerade bei unseren großen Lösungen wichtig. Die Schalt­fre­quenz des GRIDCON® PCS ist zudem sehr hoch, wodurch ein kompakter, univer­sell einsetz­barer Wech­sel­richter entsteht. Außerdem haben wir mit dem GRIDCON® PCS, bei dem jedes einzelne Modul ein kompletter Wech­sel­richter ist, ein extrem service­freund­li­ches System.

So müssen wir in Service­fällen keinen Spezia­listen einfliegen, denn auch in entle­gensten Gegenden ist das geschulte Personal unserer lokalen Partner in der Lage, das System mit neuen Modulen zu erwei­tern oder gege­be­nen­falls einzelne Module auszu­tau­schen. Das können unsere Konkur­renten nicht anbieten. Da fällt der Wech­sel­richter entweder komplett aus oder funk­tio­niert als Ganzes.

Ein weiterer Vorteil ist der soge­nannte DC/DC-Booster oder „Hoch­setz­steller“, der für Module von 42 bis 126 Kilo­watt Teil des GRIDCON® PCS ist. Er löst ein Problem, das häufig beim späteren Ausbau eines Ener­gie­spei­chers auftritt: Dann gibt es oft nicht mehr die ursprüng­li­chen Batte­rie­mo­dule bezie­hungs­weise die Hersteller haben die Spezi­fi­ka­tionen geän­dert. Neue Batte­rien mit unter­schied­li­cher Span­nung und Topo­logie müssen zusam­men­ar­beiten können. Da es der DC/DC-Booster ermög­licht, neue Batte­rien zu inte­grieren, muss nicht das komplette System neu gekauft werden. Die Ergän­zung durch einzelne Module wird sich als großer Kosten­vor­teil erweisen.

„Die Aufgabe der Wech­sel­rich­ter­lö­sung der Maschi­nen­fa­brik Rein­hausen ist die zentrale, intel­li­gente Netz­füh­rung.“

Für welche Anwen­dungen eignet sich Ihre Ener­gie­spei­cher­lö­sung?

Da ist als Erstes der Bereich Off-Grid oder länd­liche Elek­tri­fi­zie­rung zu nennen. Hier geht es darum, unab­hän­gige Netze auf der Basis von Photo­vol­ta­ik­sys­temen in Verbin­dung mit Batte­rie­sys­temen stabil zu betreiben. In diesem Bereich verkaufen wir stan­dar­di­sierte Systeme, um den Skalen­ef­fekt durch Seri­en­fer­ti­gung zu nutzen. So können wir stabile und kosten­güns­tige Netze in die entle­gensten Ecken der Welt bringen. Als Zweites gibt es die Projekte mit kommer­zi­ellem und indus­tri­ellem Hinter­grund: Das kann beispiels­weise ein Zement­werk oder eine Mine sein, die jenseits des Netzes arbeiten und sich mit großen Diesel­ge­ne­ra­toren versorgen.

Es kann aber auch ein abge­le­genes Hotel oder Resort sein – eben alle Unter­neh­mungen mit beson­deren Anfor­de­rungen an die Ener­gie­ver­sor­gung, die das Netz nicht erfüllen kann, weil es entweder nicht zuver­lässig ist, Schwan­kungen unter­liegt oder nur begrenzt über Energie verfügt. Schließ­lich arbeiten wir noch in Groß­an­lagen. Zu unseren Aufgaben gehören hier so genannte Netz­dienst­leis­tungen, die Bereit­stel­lung von Reser­ve­en­ergie sowie die Ausre­ge­lung von Schwan­kungen bei Solar- und Wind­parks mit Leis­tungen im drei­stel­ligen Mega­watt­be­reich.

„Mit GRIDCON® PCS können wir intel­li­gente Spei­cher­lö­sungen reali­sieren, die es sonst so am Markt nicht gibt.“

Die Idee, auch abge­le­gene Orte mit Strom zu versorgen, klingt sehr inter­es­sant. Haben Sie ein Beispiel?

Da gibt es etwa das 1.600-Menschen-Dorf New Ibajay auf den Phil­ip­pinen. Dort versorgte ein Diesel­ge­ne­rator 280 Haus­halte, zwei Schulen und eine kleine Kran­ken­sta­tion mit vier Stunden Strom am Tag und auch das nur unzu­ver­lässig. Hier haben wir unseren Mini-ESS imple­men­tiert, um den tägli­chen 300-Kilo­watt­stunden-Bedarf des Dorfes zu decken. Nun wird die Entwick­lung der Gemeinde durch kein künst­li­ches Ener­gie­limit mehr begrenzt. Wenn eine neue Geschäfts­idee auch neuen Ener­gie­be­darf bedeutet, kann unser System einfach hoch­ska­liert werden, um mehr Ener­gie­ka­pa­zität bereit­zu­stellen, und das bei gleich­blei­bender Qualität der Versor­gung.

Stich­wort Wachstum: Was haben Sie für die kommenden Jahre vor?

Wir wollen uns auf allen drei Geschäfts­fel­dern weiter­ent­wi­ckeln und neue Nischen­ent­wick­lungen anschieben. Die sind aber noch nicht spruch­reif. Zudem arbeiten wir daran, die Effi­zienz des Batte­rie­ma­nage­ments zu verbes­sern. Aber wir wollen natür­lich auch konkrete Projekte voran­treiben. Ein wich­tiger Schau­platz ist beispiels­weise Mada­gaskar: Es gibt dort viel Sonne, das Land ist eines der ärmsten der Welt, die Elek­tri­fi­zie­rungs­rate liegt zwischen fünf und sieben Prozent. Gleich­zeitig gibt es dort 16.000 Sied­lungen ohne Zugang zu elek­tri­scher Energie. Der Bedarf ist also hoch. Woran es fehlt, ist die Finan­zie­rung. Deshalb bauen wir nun auch eigene Fonds auf, um solche Vorhaben wirt­schaft­lich in großem Stil umsetzen zu können. Die Projekte gehen uns mit Sicher­heit nicht so schnell aus.

MEHR INFORMATIONEN

Die 2013 gegrün­dete Autarsys GmbH mit Sitz in Berlin hat sich auf die Herstel­lung von Ener­gie­spei­cher­sys­temen spezia­li­siert. Um die welt­weiten Projekte zu finan­zieren, setzt das Unter­nehmen unter anderem auch auf Crowd­fun­ding.


Mit der GRIDCON®-Reihe bietet Rein­hausen Wechselrichter­lösungen an, die intel­li­gente Energie­speicherung ermög­li­chen und für eine hohe Netz­­qualität sorgen.


Der GRIDCON® PCS 4W erhielt dieses Jahr den ees Award. Mit diesem Preis werden weg­­weisende Produkte und Lösungen für die statio­näre und mobile Spei­che­rung elek­tri­scher Energie ausge­zeichnet.


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Andreas Lamert ist für Sie da:
A.Lamert@reinhausen.com


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