Shunt-Reaktoren sind als netzstabilisierende Komponenten extrem gefragt. Ihre Prüfung ist jedoch deutlich anspruchsvoller als die von Trafos. Das Transformatorenwerk von Siemens Energy in Dresden setzt daher auf eine neue Prüfanlage von HIGHVOLT, die weltweit einmalig ist.
Frank Wollmann, Werkleiter bei Siemens Energy in Dresden, hat jede Menge zu tun: Die Auftragsbücher des Trafowerks sind mehr als voll. Etwa 115 Mittelleistungstransformatoren und 25 Shunt-Reaktoren produzieren die rund 240 Mitarbeiter des Standorts aktuell im Jahr.
Und dank der Energiewende sind die Betriebsmittel so begehrt wie nie. Vor allem die Bedeutung von Shunt-Reaktoren, auch Kompensationsdrosseln genannt, wird in Zukunft noch wachsen: Sie kompensieren die Blindleistung, erhöhen die Übertragungseffizienz und regulieren zugleich die Spannung. Kurz: Sie halten die Netze stabil.
Um die enorm gewachsene Nachfrage zu stemmen, will Siemens Energy deshalb seine Produktion in Dresden ausweiten. Wollmann sagt: „Wir möchten mehr Trafos fertigen und zugleich den Anteil der Shunt-Reaktoren erhöhen. Dafür bauen wir das Werk Schritt für Schritt aus.“
„Wir möchten mehr Trafos fertigen und zugleich den Anteil der Shunt-Reaktoren erhöhen.“
Frank Wollmann, Werkleiter bei Siemens Energy in Dresden
Umfangreiches Prüfprogramm
Ein zentraler Baustein ist dabei die Erweiterung des bestehenden Prüffelds. Denn ob Trafo oder Shunt-Reaktor – bevor die tonnenschweren Kolosse zu den Kunden gehen, müssen sie einen umfangreichen Katalog von Tests überstehen. „Je nachdem, welche zusätzlichen Anforderungen die Kunden haben, können diese Factory-Acceptance-Tests zwischen zwei Tagen und anderthalb Wochen dauern“, so Wollmann. Das ist auch notwendig: Jeder nicht erkannte Fehler könnte später im Betrieb fatale Folgen haben.
Doch das Prüffeld in Dresden war bislang nicht dafür ausgelegt, diese Tests auch bei Shunt-Reaktoren durchzuführen. Bei ihnen sind hohe dreiphasige Prüfspannungen bereitzustellen und die Anforderungen an die Tests mit höheren Prüffrequenzen sind komplexer. Bisher fanden die Abnahmeprüfungen im Schwesterwerk in Nürnberg
statt – zu umständlich und zu teuer.
Siemens Energy beschloss also, das Prüffeld in Dresden aufzurüsten. Für eine geeignete Lösung musste Wollmann nur einmal über den Hof laufen: Auf dem gleichen Gelände wie Siemens Energy hat HIGHVOLT, Spezialist für Hochspannungsprüftechnik und Mitglied der Reinhausen Gruppe, seinen Sitz. „Es gibt weltweit nur eine Handvoll Hersteller, die solche Anlagen überhaupt bauen können“, so Wollmann.
Einzigartiges Upgrade
Andreas Thiede ist bei HIGHVOLT der Experte für solche Wechselspannungsprüfsysteme. Auch wenn das Grundprinzip dieser Systeme gleich ist, jede Prüfanlage, die er und sein Team entwerfen, ist ein Unikat.
Die Prüfanlage bei Siemens Energy war jedoch auch für Thiede etwas Besonderes: „Normalerweise bieten wir eine Containerlösung an, aber die kam wegen der baulichen Gegebenheiten nicht infrage.“ Also musste erst mal Platz geschaffen werden: Zwei alte Generatoren wurden aus dem Keller geholt, Decken abgehoben und neue Böden eingezogen, um die Komponenten wie Umrichter, Kondensatorbänke und vor allem auch den neuen 200-MVA-Höchstspannungs-Anpasstransformator unterzubekommen. Er liefert die für die Shunt-Reaktoren notwendige Prüfspannung von bis zu 360.000 Volt und wurde von Siemens Energy nach den Designvorgaben von HIGHVOLT gefertigt.
Eine Besonderheit, die HIGHVOLT speziell für Siemens Energy entwickelt hat, ist eine sogenannte DC-Erweiterung. Mit ihr lässt sich prüfen, wie sich die Induktivität bei einer schrittweisen Erhöhung der Spannung verhält: „Mit diesem Zusatzgerät kann man den Shunt-Reaktor mit einem Gleichstrom aufladen und so den 150-Prozent-Betrieb simulieren, also auch oberhalb der Leistungsgrenzen unseres Wechselspannungssystems“, erklärt Thiede.
Mehr Shunt-Reaktoren
Als die Prüfanlage nach nur elf Monaten Bauzeit schließlich betriebsbereit war, standen die Shunt-Reaktoren schon Schlange. Die Anlage funktionierte auf Anhieb und Wollmann ist sehr zufrieden: „Bei einem solch komplexen System ist das nicht selbstverständlich.
Klar, es mussten noch Feinjustierungen vorgenommen werden, aber in Summe sind die Shunt-Reaktoren und Trafos erfolgreich vom Hof gelaufen und das ist das, was zählt.“ Netzbetreiber können sich ebenfalls freuen: Siemens Energy kann nun deutlich mehr Shunt-Reaktoren anbieten.
Reinhausen Inside
Das für Siemens Energy entwickelte Wechselspannungsprüfsystem besteht aus Umrichter, Kondensatorbänken, einem 123 kV-Anpasstransformator für die Trafoprüfung und einem 400 kV-Anpasstransformator für die Shunt-Reaktoren-Prüfung. Mit der Anlage lassen sich sowohl Trafos als auch Shunt-Reaktoren gemäß IEC-Normen prüfen. Das sind die wichtigsten Prüfungen:
- induzierte Wechselspannungsprüfungen
- die Messung von Leerlaufströmen und ‑verlusten
- Kurzschlussimpedanz- und Kurzschlussverlustmessungen
- Erwärmungs- und Sonderprüfungen
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Haben Sie Fragen zum Prüfsystem von HIGHVOLT? Andreas Thiede ist für Sie da:
A.Thiede@highvolt.com