Teilentladungsprüfungen in Windkraftanlagen? Vergiss es! – Oder?
Dächer, Keller, U‑Bahn-Schächte – Verteiltransformatoren stehen an den unzugänglichsten Orten. Wie soll man die Ausrüstung für eine Teilentlademessung an sie heranschaffen? Diese Frage drängt sich besonders bei Windkraftanlagen auf: Sowohl bei landgestützten Windrädern als auch bei Anlagen auf hoher See befinden sich die Transformatoren oft in der Gondel – in manchmal mehr als einhundert Meter Höhe.
Frank Busse vom Prüfinstitut IPH Berlin ist als Senior Consultant auch für Teilentladungsmessungen an Transformatoren vor Ort zuständig und kennt dieses Problem nur allzu gut: „Um die nötige Prüfspannung für die Messung bereitzustellen, gab es lange nur ein Mittel: Motor-Generatorensätze.“ Die sind unpraktisch, schwer und so groß, dass sie einen ganzen Lkw füllen. Bis zu 30 Meter Entfernung zum Transformator lassen sich noch mit einem Kabel überbrücken.
„Alles darüber hinaus wird technisch schwierig. Bei Windkraftanlagen an Land gab es keine praktikable Lösung und offshore konnte man’s ganz vergessen. De facto war eine Vor-Ort-Teilentladungsmessung an solch unzugänglichen Trafos also unmöglich.“ Und aus diesem Grund prüfte man sie bisher auch schlichtweg nicht. Busse ließ das keine Ruhe, denn Transformatoren in Windkraftanlagen altern vergleichsweise schnell.
Die mechanischen Schwingungen der Rotoren, Blitzeinschläge, häufige Lastwechsel und die hohe Zahl an Schaltvorgängen setzen den Trafos zu. Windkraftanlagen sind in der Regel für eine Betriebsdauer von etwa 20 Jahren ausgelegt. Der Windkraftboom begann in den 1990ern und damit war Busse klar, dass Anlagenbetreiber bald dringend Informationen über den Zustand ihrer Transformatoren brauchen werden. „Die einzige Möglichkeit wäre bislang, den Transformator per Kran oder Kranschiff aus der Gondel rauszuhieven, in ein Prüflabor zu schaffen, 15 Minuten lang zu testen und dann das Ganze wieder retour. Ein Wahnsinn, den keiner macht! Das muss doch einfacher gehen!“
Mit dem Koffer in die Gondel
Busse stellte seine Idee bei mehreren Herstellern von Prüfeinrichtungen vor: „Kompakt und transportabel sollte die Prüfquelle sein – und dreiphasig. Denn nur so ist die Prüfung hundertprozentig vergleichbar mit einer Abnahmeprüfung im Trafoprüffeld – einphasig hilft uns nicht viel. Hinbekommen hat das nur HIGHVOLT.“ Die Spezialisten für Hochspannungsprüftechnik aus Dresden besitzen umfangreiches Know-how zu umrichterbasierter Prüftechnik für Leistungstransformatoren.
„Bei guter Organisation schaffen wir offshore damit zwei Windräder am Tag, an Land sogar mehr.“Frank Busse, Senior Consultant am Prüfinstitut IPH Berlin
Damit konnten sie eine kompakte Spannungsquelle entwickeln, die in drei werkzeugkoffergroßen Boxen Platz findet. Zwei Personen können sie per Hand transportieren. Die Boxen ermöglichen vor Ort die induzierte Spannungsprüfung und in Kombination mit Koppelkondensatoren und Messgeräten auch die dreiphasige Teilentladungsmessung – nach der Busse sich so gesehnt hat.
Das sieht dann so aus: Windkraftanlagen verfügen über einen kleinen Lastenkran in der Gondel. Die HIGHVOLT-Prüfquellen sind in speziellen Kunststoffbeuteln sicher verpackt und werden mit zwei Kranfahrten rasch an Ort und Stelle gebracht. Busse erzählt: „Bei guter Organisation schaffen wir offshore damit zwei Windräder am Tag, an Land sogar mehr.“ Das ist schön für Windkraftanlagenbetreiber, aber Busse hat noch viel mehr im Blick: „Transformatoren an schwierigen Orten gibt es viele. Erst neulich testeten wir welche in einem Hamburger U‑Bahn-Schacht und im Keller einer Werkshalle. Da wären wir mit einem Motor-Generatorsatz überhaupt nicht hingekommen.“
Günstige Versicherung dank Prüfung
Wenn Teilentladungsmessungen an unzugänglichen Transformatoren vorher nicht möglich waren und es früher ja trotzdem irgendwie ging – warum sollten sich Betreiber dann jetzt auf einmal für eine Prüfung entscheiden? „Der typische Fall ist, dass einmal ein Transformator ausfällt und mich dann der Betreiber kontaktiert: ‚Was ist eigentlich mit meinen anderen Transformatoren? Muss ich Angst haben?‘“, erzählt Busse.
Denn so ein Ausfall wird schnell teuer: Die Windkraftanlage läuft nicht, U‑Bahnen bleiben liegen, die Produktion eines Industriebetriebs steht tagelang still. Oft geben jedoch die Versicherungen, die am Ende des Dramas die Ausfallkosten tragen, den Ausschlag. „Die Versicherung fragt dann den Betreiber: ‚Was tust du, um solche Schäden künftig zu vermeiden?‘ Und wenn die Antwort ist: ‚Ich kann nichts tun‘, steigen eben die Beiträge.“
Mit regelmäßigen Teilentladungsmessungen hingegen weist der Betreiber nach, dass alles in Ordnung ist und er eine präventive Austauschstrategie verfolgt. „Dann bleiben die Beiträge so, wie sie sind“, sagt Busse. Bei der Neuversicherung bestehender Anlagen können sich Betreiber ebenfalls über einen satten Prämiennachlass freuen, wenn sie regelmäßige Prüfungen durchführen.
Auch wenn die Herstellergarantie auf die Transformatoren erlischt und der Betreiber ab da selbst für alles haftet, bekommt Busse oft einen Anruf. „Dann wollen sie Klarheit, ob ihre Anlagen noch in Ordnung sind. Wir verhelfen den Betreibern dann vom Hoffen zum Wissen.“
Handlich ist immer besser
Der einzige, der sich nicht über die kompakten Prüfquellen von HIGHVOLT freut, ist der klobige Motor-Generatorsatz vom IPH. „Der staubt in der Ecke ein, seitdem wir mit der Prüfquelle arbeiten. Denn wir benutzen sie inzwischen auch bei gut zugänglichen Transformatoren. Handlich ist halt immer besser.“ Nur bei ganz speziellen Aufgaben darf der Motor-Generatorsatz noch an die frische Luft. „Das sind vielleicht gerade mal fünf Prozent der Einsätze. Eigentlich sind wir bloß noch mit den Koffern unterwegs.“
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