Für Hochspannungsgleichstromkabel können transiente Überspannungen gefährlich sein. Mit der neuen TOV-Typprüfung lässt sich herausfinden, ob Kabel diesen Stress aushalten. HIGHVOLT liefert dafür die passenden Prüfkomponenten.
Wenn wir den Strom daheim aus der Steckdose ziehen, dann ist das Strom, der seine Polarität wechselt – also Wechselstrom“, sagt Dr. Ralf Pietsch, Head of Science and Documentation bei HIGHVOLT. Über weite Land- und Seestrecken fließt der Strom jedoch als Gleichstrom und wird erst in der Nähe von Ballungszentren über Umrichterstationen in Wechselstrom umgewandelt. Pietsch erklärt: „Bei diesen Schaltvorgängen kann es durch Fehler aber passieren, dass sich für wenige Mikro- bis Millisekunden die Spannung auf den Gleichstromkabeln von 525 Kilovolt auf über ein Megavolt verdoppelt und sie sogar ihre Polarität wechselt.“
Das ist eine transiente Überspannung (auf Englisch transient overvoltage – kurz TOV). Sie ist für Gleichstromkabel purer Stress und kann ihre Isolierung beschädigen. Außerdem kann es im Inneren des Kabels zu Raumladungsphänomenen kommen, die bei einem Polaritätswechsel der Spannung zu lokalen Feldüberhöhungen im Kabel führen und damit das Kabel schädigen können. Bei einem Versagen des Kabels sind nahestehende elektrische Geräte oder auch Menschen dann in Gefahr.
Hersteller wollen Stress
Damit bei einer Überspannung nichts Schlimmeres passiert oder es zu einem Totalausfall des Kabels kommt, testen immer mehr Kabelhersteller ihre Gleichstromkabel mit der neuen TOV-Typprüfung. „Diese Prüfung hat noch keine IEC-Standards, wird aber bereits in der CIGRE-Broschüre als optionales Prüfverfahren beschrieben und empfohlen“, erzählt Pietsch. Die Prüfung folgt am Ende einer großen Prüfreihe als ultimativer Stresstest. Für circa 100 Millisekunden wird dabei ein Megavolt kontrolliert an das Kabel angelegt. Erst wenn das Kabel das überlebt hat, kann es an den Netzbetreiber ausgeliefert werden.

Für den Stresstest werden etliche Komponenten benötigt: ein Kondensatorturm, zwei Gleichspannungsquellen, zwei Funkstrecken, ein Widerstand sowie ein Spannungsteiler und der Endverschluss, an dem das Gleichstromkabel anliegt.
In diesem 16 Meter hohen Kondensatorturm steigt die Spannung auf über ein Megavolt, ehe sie per Funkstrecke auf das Testkabel gelangt.
Allerdings ist die TOV-Prüfung sehr aufwendig. Schließlich füllt der Prüfaufbau die Fläche und Höhe einer ganzen Prüfhalle. Ralf Pietsch ergänzt: „Außerdem müssen auch die einzelnen Prüfkomponenten die Überspannung aushalten – und zwar nicht nur einmal wie das zu prüfende Kabel, sondern bei jedem weiteren Test. Dazu braucht es aber besondere Materialien, Durchführungen und Isolierungen.“
Die Prüfung selbst besteht aus drei Teilprüfungen, um alle möglichen Typen transienter Überspannung bei Schaltungen zu testen. Dabei gelangt in allen Fällen eine DC-Hochspannung von 525 Kilovolt über eine Gleichspannungsquelle an einen Endverschluss, der mit dem Testkabel verbunden ist. Zudem ist an dem Endverschluss noch ein Spannungsteiler angeschlossen, über den sich die transiente Spannung messen lässt. Mit einer zweiten Gleichspannungsquelle wird parallel ein 16 Meter hoher Kondensatorturm (ein modifizierter Impulsspannungsgenerator) auf über ein Megavolt aufgeladen.
Daran angebunden ist eine Funkstrecke mit zwei gegenüberliegenden Halbkugeln aus einer Wolfram-Kupfer-Legierung. „Diese besondere Legierung ist wichtig. Denn an den Halbkugeln schlägt die aufgebaute Überspannung des Kondensators in einen extrem heißen Lichtbogen über. Normales Kupfer würde dabei einfach schmelzen“, erklärt Pietsch. „Die Überspannung gelangt dann über einen integrierten Widerstand zum Endverschluss und letztlich ins Kabel.“
So sieht der Aufbau der TOV-Typprüfung aus

Beim ersten Teil der Prüfung wird die Überspannung langsam über den Erdboden abgeleitet. Bei der zweiten Teilprüfung fällt die Spannung hingegen abrupt ab. Dazu wird zwischen der 525-Kilovolt-Gleichstromquelle und dem Endverschluss eine weitere Funkstrecke dazwischengeschaltet, die die Überspannung schlagartig vom Kabel nimmt. Bei der letzten Teilprüfung wechselt die Überspannung zusätzlich noch ihre Polarität in einer hohen Frequenz.
„Wir sehen, dass immer mehr Netzbetreiber die TOV-Prüfung einfordern.“
Dr. Ralf Pietsch, Head of Science and Documentation bei HIGHVOLT
Know-how und Komponenten
„Da die TOV-Prüfung noch keine zwei Jahre alt ist, ist sie auch noch nicht verpflichtend für Kabelhersteller“, sagt Ralf Pietsch. „Doch wir sehen, dass immer mehr Netzbetreiber diesen Stresstest einfordern.“ HIGHVOLT ist hier von Anfang an dabei und konnte bereits für Kabelhersteller wie Prysmian, Nexans oder unabhängige Prüfinstitute wie die FGH Mannheim Teilkomponenten oder den kompletten Prüfaufbau liefern.
„Mit diesen Aufträgen konnten wir in den letzten Jahren einiges an Erfahrungen sammeln, um die Prüfung noch weiter zu verbessern und zu standardisieren“, erzählt Pietsch weiter. „Außerdem bin ich mir sicher, dass die TOV-Typprüfung in naher Zukunft verpflichtend wird. Schließlich wollen Netzbetreiber bei den Kabeln auf Nummer sicher gehen, bevor sie sie im Erdboden verlegen.“ Im Rahmen der Energiewende und des Ausbaus des deutschen Stromnetzes mit Erdkabeln ist also davon auszugehen, dass die Nachfrage für TOV-Prüfungen signifikant steigen wird. Gut, dass HIGHVOLT bereits die Expertise und sämtliche Prüfkomponenten mitbringt.

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R.Pietsch@highvolt.com