10.000 ECOTAP®-VPD®-Stufenschalter hat Reinhausen inzwischen an Kunden aus aller Welt ausgeliefert. Ist der regelbare Ortsnetztransformator (rONT) damit noch Innovation oder längst Standard? Drei Netzbetreiber und drei Trafohersteller geben Einblicke.
Ein regelrechter Solarenergie-Boom setzte im Jahr 2009 in Deutschland ein. Wegen der Finanzkrise sank der Preis für Solarmodule, und die Förderung durch den Staat wurde noch attraktiver. Immer mehr Menschen entschlossen sich also, ihr eigenes Dach zum Kraftwerk zu machen. Und plötzlich richteten sich alle Blicke auf die Niederspannungsnetze. Denn mit den vielen dezentralen Einspeisern wurde es zunehmend schwieriger, das Spannungsband zu halten. Die Stromaufnahme verbessern lässt sich beispielsweise, indem neue und dickere Kabel verlegt sowie zusätzliche Trafostationen im Ortsnetz gebaut werden.
Das ist nicht nur ein teurer, sondern wegen der vielen Genehmigungsverfahren auch ein langwieriger Prozess. Daher äußerten Experten die Idee: Warum nicht auch die Ortsnetztransformatoren regelbar machen und damit die Aufnahmekapazität der Netze erhöhen? Was es damals allerdings noch nicht gab, waren geeignete Laststufenschalter, die den sinnvollen Einsatz ermöglichen. Die perfekte Aufgabe für MR, den Erfinder des ersten Laststufenschalters nach dem Widerstandsprinzip!
10.000
ECOTAP ® VPD ®
wurden bereits an Kunden ausgeliefert
Franco Pizzutto, Business Development Manager, sagt: „Bei den ersten Pilotprojekten haben wir noch mit konventionellen Stufenschaltern experimentiert, um erst einmal Erfahrungswerte zu sammeln“ (siehe Interview). Eine Dauerlösung konnte das nicht sein, denn wenn der rONT massenhaft eingesetzt werden soll, musste er bezahlbar sein, und den Footprint eines konventionellen Verteiltrafos durfte er nicht übersteigen. 2012 kam mit dem GRIDCON® iTAP® der erste Stufenschalter für Verteiltransformatoren auf den Markt, 2016 gelang mit dem ECOTAP® VPD® ein entscheidender Meilenstein. Es war der bis dahin kleinste Widerstandsstufenschalter der Welt und beförderte den rONT auf ein neues Level.
Heute, rund 15 Jahre nach dem ersten Solarboom, ist bereits der zehntausendste ECOTAP® VPD® verbaut. Schwerpunkt des Einsatzes ist bislang Zentraleuropa, aber immer mehr Länder weltweit entdecken den rONT ebenfalls für sich. So etwa in den USA. Hier hat MR mit dem ECOTAP® VPD® I eine Lösung entwickelt, die auch einphasige Netze regelbar macht (siehe Seite 12). Doch auch wenn der rONT inzwischen als Standardbetriebsmittel gesehen werden kann, gibt es immer noch Vorbehalte. Drei Netzbetreiber und drei Trafohersteller geben Einblicke, wie sie den rONT nutzen und was sie an ihm schätzen.
„Wir beschaffen hundert Prozent unserer neuen Trafos als rONT, da wir davon ausgehen, dass wir ohnehin eine Hundert-Prozent-Quote brauchen.“
Bianca Renner, Ingenieurin Strategie und Innovation bei der Avacon Netz GmbH
100 Prozent rONT bei Avacon
„Wir beschaffen hundert Prozent unserer neuen Trafos als rONT, da wir davon ausgehen, dass wir ohnehin nahezu eine Hundert-Prozent-Quote im Netzgebiet brauchen“, sagt Bianca Renner von der Avacon Netz GmbH, die dort in der Abteilung „Strategie und Innovation“ für Strategiethemen der Niederspannung verantwortlich ist. Avacon ist einer der größten regionalen Verteilnetzbetreiber in Deutschland. Das Netzgebiet erstreckt sich von der Nordseeküste bis Südhessen und versorgt knapp zweieinhalb Millionen Menschen mit Strom.
Avacon war an der Entwicklung des rONTs maßgeblich beteiligt und hat von Anfang an bei Pilotstudien mitgemacht. „Im Wesentlichen nutzen wir die rONTs, um die Nieder- und Mittelspannung zu entkoppeln, und auch, um den Kabelnetzausbau deutlich zu reduzieren“, so Renner. Bereits heute sind über 90.000 dezentrale Erzeugungsanlagen mit einer Gesamtleistung von fast 14 Gigawatt angeschlossen. Und diese Zahl wird steigen. Hinzu kommen immer mehr neue Verbraucher durch die Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors.
„Wenn wir den Netzausbau in großem Stil durchführen müssen, dann sollen die Anwohner in einer Siedlung möglichst wenig davon mitbekommen. Wir können also nicht einfach mal jede Straße aufbuddeln und Leitungsbau betreiben“, betont Renner. Zumal auch Arbeitskräfte fehlen, um diese Menge an Maßnahmen überhaupt zu schaffen. Daher ziehe sie eine Punktmaßnahme wie den rONT als schnelle und effiziente Maßnahme vor. Innerbetrieblich sei es allerdings wichtig, die Mitarbeitenden mitzunehmen: „Wir haben festgestellt, dass mit der Erfahrung auch die Akzeptanz kommt“, so Renner.
„Das ist ein Standardprodukt. Das ist absolut zuverlässig und gleichzusetzen mit einem konventionellen Trafo.“
Marvin Reiting, Leiter Asset Management bei der EAM Netz GmbH
EAM setzt auf großflächigen Einsatz
Marvin Reiting, Leiter Asset Management bei der EAM Netz GmbH sieht das ähnlich. Für die Mitarbeitenden sei es wichtig, dass sie erst einmal Erfahrungen sammeln können. Aber die waren bei ihnen grundsätzlich positiv: „Dadurch, dass das nicht viel Arbeit macht, gab es gleich eine hohe Akzeptanz. Der rONT hat für sich überzeugt.“ Die EAM Netz GmbH versorgt rund 1,4 Millionen Menschen in Hessen und den angrenzenden Bundesländern mit Elektrizität. 43.500 dezentrale Erzeugungsanlagen sind im Netzgebiet aktuell angeschlossen.
Den rONT hat EAM 2009 erstmals vor allem wegen der PV-Anlagen in der Niederspannung eingesetzt, inzwischen nutzt das Unternehmen ihn auch großflächig in der Mittelspannung. Mit dem Betriebsmittel ist Reiting äußerst zufrieden: „Das ist ein Standardprodukt. Es ist absolut zuverlässig und gleichzusetzen mit einem konventionellen Trafo.“ Etwa ein Drittel der neuen Trafos beschafft der Netzbetreiber mittlerweile als rONT. Reiting geht davon aus, dass sich das noch steigern wird. Vor allem in den letzten drei Jahren ist die Zahl der neu angeschlossenen PV-Anlagen sprunghaft angestiegen, sodass sich auch die Einsatzstrategie geändert hat: „Wir monitoren unser Netz eher großflächig und machen keine Einzelfallprüfungen mehr“, so Reiting.
60
Jahre
und länger wartungsfreie Primärtechnik – ein ganzes Trafoleben
150
Trafohersteller
stellen rONTs mit dem ECOTAP® VPD® her
300
Netzbetreiber
setzen bereits auf rONTs mit ECOTAP® VPD
Kärnten Netz steigt ein
Die Kärnten Netz GmbH in Österreich setzt hingegen noch auf die Einzelfallprüfung. Dennoch sieht Michael Pink, verantwortlich für die Netzplanung, den rONT ebenfalls als Standardwerkzeug für die Netzentwicklung. Die ersten Erfahrungen hat das Unternehmen 2012 gesammelt. Allerdings war damals die Notwendigkeit für einen weiteren Einsatz von regelbaren Ortsstationen noch nicht gegeben, sodass es bei einem Pilotprojekt blieb. Ende 2020 änderte sich das. Immer mehr der 235.100 Kunden, die Kärnten Netz mit Strom versorgt, entschlossen sich, Solaranlagen zu installieren.
Anschub gab vor allem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das die österreichische Regierung beschlossen hat, um den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion bis 2030 auf 100 Prozent zu steigern. Jeder Kunde hat damit das Recht auf Einspeisung und die Netzbetreiber sind verpflichtet, das Netz innerhalb eines Jahres dafür auszubauen. „Also legten wir einen Neustart hin“, so Pink. Doch nicht überall im Versorgungsgebiet von Kärnten ist der rONT die beste Lösung: „Wir haben sehr weite Netzausläufer, wo die Spannungsqualität und die Kurzschlussleistung sehr gering sind“, so Pink. Daher setzt Kärnten Netz noch auf eine Mischung aus konventionellem Netzausbau und rONTs.
„Aus Sicht des Herstellers kann ich sagen, dass wir Stand heute ein sehr gutes und ausgereiftes Produkt haben.“
Michael Bühnert, Leiter Vertrieb bei der SBG
Der Blick der Trafobauer
Und was sagen die Trafohersteller? Die Sächsisch-Bayerische Starkstrom-Gerätebau GmbH (SBG) ist führender Hersteller von Verteiltransformatoren und RONT-Hersteller der ersten Stunde hat von Anfang seine Erfahrung und Know-How in die Entwicklung einfließen lassen. Michael Bühnert, Leiter Vertrieb bei der SBG erklärt: „Aus Sicht des Herstellers kann ich sagen, dass wir Stand heute ein sehr gutes und ausgereiftes Produkt haben, das nahezu Plug and Play installiert werden kann.“
Kunden der SBG, an die sie mehr als 4000 rONT verkauft hat, sind zum größten Teil die Energieversorger, aber Bühnert sieht noch ein weiteres bedeutendes Einsatzgebiet, das viele Kunden noch gar nicht richtig im Blick haben: die firmeneigenen Netze: „Gerade dort wo man es mit sensiblen Prozessen, Steuerungen, Regelungen oder auch Elektrolyseverfahren zu tun hat, ist eine stabile Spannung enorm wichtig.“
„Der Stufenschalter wird so geliefert, dass er für die Montage und den Anschluss schon vorbereitet ist, was die Produktionsprozesse beschleunigt.“
Oleksandr Datsiuk, Area Sales Manager bei Hitachi Energy
In Polen ist Oleksandr Datsiuk als Area Sales Manager bei Hitachi Energy mit der Nachfrage nach rONTs bestens vertraut: „In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der bestellten Geräte um ein Vielfaches erhöht. Immer mehr Kunden entscheiden sich für diese Art der Lösung.“ Hauptabsatzgebiet ist Zentraleuropa, 70 Prozent der rONTs werden dort verbaut.
Mehr als 3.500 Transformatoren mit dem ECOTAP® VPD® hat Hitachi inzwischen verkauft und die Kunden, in erster Linie Energieversorger, sind zufrieden: „Wir haben keine größeren Reklamationen festgestellt, das spricht für die hohe Qualität.“ Auch die Integration in den bestehenden Produktionsbetrieb sei dank der guten Zusammenarbeit mit MR recht einfach gewesen. „Der Stufenschalter wird so geliefert, dass er für die Montage und den Anschluss schon vorbereitet ist, was die Produktionsprozesse beschleunigt“, so Datsiuk.
500.000
Schaltungen
kann der ECOTAP® VPD® durchführen
Von ebenso guten Erfahrungen kann Ibrahim Gülay Tausende Kilometer weiter südlich berichten. Er ist Electrical Design Tendering Leader bei BEST , dem größten Trafohersteller der Türkei. Seit 2020 hat BEST 86 rONTs bei 36 verschiedenen Projekten verkauft. „Die meisten dieser Projekte sind in der Textilindustrie angesiedelt.“ Kunden sind vorrangig EPCs, die für Unternehmen in Zentralasien die Anlagen planen. Sie benötigen rONTs wegen der instabilen Netzspannung.
Aber auch für Abwasseraufbereitungsanlagen in der Türkei sowie für verschiedene Öl- und Gasprojekte und Minenprojekte hat der Trafohersteller regelbare Verteilnetztrafos gebaut. Bevor es den ECOTAP® VPD® gab, blieb nur die Möglichkeit, einen mittelgroßen Leistungstransformator einzusetzen. “Als Konstrukteur von Verteiltransformatoren bin ich MR für diese Innovation sehr dankbar. Jetzt ist es möglich, einen rONT mit der Größe und dem Gewicht eines Standard-Verteilungstransformators zu produzieren”, so Gülay.
Technik vom Pionier
MR hat die Entwicklung des rONTs maßgeblich mitgestaltet.
Erste Pilotversuche
In ersten Feldversuchen wurde noch mit konventionellen Stufenschaltern die Wirksamkeit von rONTs nachgewiesen.
Erste Serienlösung
Mit dem GRIDCON® iTAP® wurde der erste wartungsfreie Vakuumlaststufenschalter für Verteiltransformatoren eingeführt.
Erster Widerstandsschnellschalter
Mit dem ECOTAP® VPD® stellte Reinhausen den weltweit ersten Widerstandsschnellschalter für Verteiltransformatoren vor.
Zweite Generation ECOTAP® VPD®
Die zweite Generation ist noch wirtschaftlicher und eignet sich für ein breiteres Anwendungsspektrum.
Dritte Generation ECOTAP® VPD®
Leichter und kompakter ist die dritte Generation und so konstruiert, dass sie sich für die Fertigung in hohen Stückzahlen eignet.
Der erste einphasige ECOTAP® VPD® I
Auch die in den USA weit verbreiteten einphasigen Transformatoren sind nun regelbar.
10.000 ECOTAP® VPD® ausgeliefert
Der rONT gilt damit als Standardbetriebsmittel.
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„Wir haben viel mehr Transparenz in den Verteilnetzen.“
Franco Pizzutto, Business Development Manager bei MR im Interview
Der neue Standard für eine Phase
Wie der ECOTAP® VPD® I von MR auch einphasige Trafos regelbar macht